Kommentare (10)

  1. Michael says:

    Ich hoffe, dass dich die Situation in deiner Heimat nicht zu sehr beunruhigt und das schnell wieder Ruhe einkehrt.

    “Gleichzeitig dürfte bei der Partnerfindung eine geringe Passung der Sexualität eher die Regel als die Ausnahme sein, da wir kaum vertieft über unser sexuelles Begehren sprechen.” Kann man in dieser Beziehung schon Rückschlüsse aus den Angaben bei den Gleichklang-Profilen ziehen? z.B.
    “Ich bin an einer Partnerschaft ohne Sexualität interessiert” oder “Die Geschwindigkeit des Beginns von Sexualität hat für mich in einer Beziehung folgende Bedeutung”. Bedeutet dann “Auch” bei der ersten Frage und “Langsam” bei der zweiten Frage ein geringes sexuelles Interesse?

      1. Glücklicherweise wurde relativ schnell ein Waffenstillstand vereinbart. Eine größere Eskalation ist daher derzeit nicht zu erwarten. Dennoch sind etwa 30 Tote und ein Vielfaches an Verletzten bereits ein völlig unnötiger und viel zu hoher Preis.

        Zur inhaltlichen Frage: Die Antwortoption „Auch“ bei der Aussage „Ich bin an einer Partnerschaft ohne Sexualität interessiert“ bedeutet nicht automatisch ein geringes sexuelles Interesse. Ebenso weist „Langsam“ bei der Frage zur Bedeutung des sexuellen Beginns in einer Beziehung nicht zwingend auf eine geringe Sexualität hin. Zwar existieren statistische Zusammenhänge, doch sind diese keineswegs eindeutig interpretierbar.

        So kann „Auch“ bedeuten, dass eine Person sich zusätzlich zur Sexualität auch eine partnerschaftliche Ebene ohne Sexualität vorstellen kann – zum Beispiel im Rahmen einer offenen Beziehung. „Langsam“ kann bedeuten, dass Sexualität bewusst in einem späteren Stadium einer sich entwickelnden Beziehung ihren Platz finden soll, etwa aufgrund biografischer Erfahrungen oder emotionaler Einstellungen.

        Daher können aus diesen Angaben allenfalls vorsichtige Hinweise, aber keine klaren Rückschlüsse auf sexuelles Interesse oder Passung gezogen werden. Zentrale Voraussetzung bleibt die offene und vertiefte Kommunikation.

    • Mitglied says:

      Interessante Erkenntnisse. Interessant finde ich auch dieses Cluster 1 und vergleiche es mit Humor: Humor kann für mich wichtig sein und mich mehr ausmachen als die Mehrheit. Und trotzdem muss ich Humor nicht jeden Tag haben.

      Interessant u. a. auch dieser Absatz:
      “Gleichzeitig dürfte bei der Partnerfindung eine geringe Passung der Sexualität eher die Regel als die Ausnahme sein, da wir kaum vertieft über unser sexuelles Begehren sprechen. So merken wir Inkompatibilitäten erst dann, wenn wir bereits zusammen sind.”

        1. Ein sehr treffender und klug gewählter Vergleich – genau das macht Cluster 1 so anschaulich verständlich. Wie beim Humor kann auch Sexualität für eine Person eine hohe individuelle Bedeutung haben, ohne dass sie in jedem Moment präsent oder ausgelebt werden muss. Das heißt aber nicht, dass sie beliebig ersetzbar wäre oder keine Rolle spielt.

          Besonders wichtig erscheint mir auch Ihre Hervorhebung des Absatzes zur mangelnden Passung: Tatsächlich entstehen viele Inkompatibilitäten nicht aufgrund objektiver Gegensätze, sondern weil die Prozesse des gegenseitigen Kennenlernens oft zu oberflächlich bleiben. Es fehlt an Authentizität, an offener Kommunikation und an echter Tiefe. Dadurch werden potenziell kompatible Menschen übersehen oder verlieren sich wieder – während gleichzeitig unerkannte Unterschiede erst spät zum Problem werden.

          Genau hier liegt eine zentrale Herausforderung der heutigen Partnerfindung.

          1. Mitglied says:

            Ich kenne es gut, dass es beim Kennenlernen offene Kommunikation und Tiefe nicht zustande kam und es nicht authentisch zuging. Es geht von einer oder beiden Seiten zu zaghaft zu. Man bricht schnell ab, z. B. nach einem oder zwei Begegnungen, weil nichts Relevantes passiert. Und/Oder weil man nicht erwartet, dass sich Relevantes später auftun wird. Oder/Und man ein schnelles Ergebnis erwartet, dass nicht zustande kommt.

            Kann man sich klar und mit (noch mal) Relevantem darstellen, ist aber auch offen für Veränderung/Erweiterung/Integration, wäre dies eine gute Basis. Ist man noch mehr in der Entwicklung, ist es etwas anders als wenn ich schon mit mehr Erfahrung und mit mehr Ergebnissen mehr weiß. Ich denke, mit Intuition und Mut geht es auch dann gut – wahrscheinlich z. B. auch wenn man sexuell unsicher ist oder z. B. geworden ist.

              1. Es ist tatsächlich so, dass Treffen eher oberflächlich verlaufen können und eine Kommunikation nicht in der Tiefe stattfindet. Es bleibt unverbindlich. Manchmal liegt es daran, dass beide eine Resonanz spüren, manchmal liegt es am Kommunikationsstil und weil niemand Themen aufgreift. Der beste Weg ist, es offen anzusprechen und zu schauen, ob gemeinsam noch mehr möglich ist.

        2. Hella Heidrich says:

          Sie vergessen bei diesen Studien immer wieder die Rolle der Kirche. Haben wir in unserer Kindheit / Jugend gelernt, das Sexuallität “bäh” ist, werden wir selten zu einer befriedigenden Sexuallität kommen….außer, wir können uns von dieser (falschen) Moralvorstellung befreien.
          Ich habe schon 2 Männer kennengelernt, die eine große Energie in Sachen Sexualität haben, diese aber zeitlebens unterdrückt haben, weil sie streng katholisch erzogen worden sind.

            1. Sie sprechen einen zentralen Punkt an, der tatsächlich in vielen Diskussionen zu Sexualität zu wenig berücksichtigt wird: die negative Wirkung religiöser Erziehung auf das sexuelle Erleben und Verhalten. Es steht außer Frage, dass insbesondere restriktive, moralistisch geprägte Vorstellungen – wie sie etwa im katholischen Kontext häufig vermittelt wurden – in zahlreichen Fällen zu tiefgreifender sexueller Verunsicherung, Scham und anhaltender Unterdrückung sexueller Bedürfnisse führen können.

              Empirisch zeigt sich dies unter anderem darin, dass Männer aus stark religiös-fundamentalistischen Milieus überproportional häufig ein Doppelleben führen – zum Beispiel durch geheime Aktivitäten auf Seitensprungplattformen oder durch Kontakte zu männlichen Escorts. In solchen Fällen werden grundlegende Bedürfnisse nicht offen und selbstbestimmt gelebt, sondern heimlich und oft mit Schuldgefühlen ausagiert.

              Die langfristige Unterdrückung natürlicher sexueller Erlebnisbedürfnisse kann die psychosexuelle Entwicklung ernsthaft beeinträchtigen. Umso wichtiger ist es, sich dieser Einflüsse bewusst zu werden, sie kritisch zu reflektieren und sich von übernommenen sexualfeindlichen Moralvorstellungen zu lösen. Ihre Beobachtung ist daher absolut berechtigt und verweist auf ein gesamtgesellschaftlich relevantes Problemfeld.

          • Prinzessin ohne Erbse says:

            Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man meist gut über alles Sexuelle reden kann, solange keine Liebe im Spiel ist Danach wird es leider schwieriger. Alles was man in den ersten “vier Wochen” nicht wirklich geklärt hatbleibt irgendwie offen.
            Klar spricht man weiter über vieles, aber es geht auch darum, den anderen nicht zu verletzen oder zu verlieren.
            Auf diese Weise ist mir meine zweite Ehe, die in so vielen sehr gut war, irgendwann um die Ohren geflogen, da mein Partner dauerhaft nicht ohne bestimmte Dinge auskam.
            Da mir aber Sexualität schon immer sehr wichtig war konnte kein gemeinsamer Nenner gefunden werden

              1. Ich denke, Sie haben recht, dass es hilfreich sein kann, über Sexualität zu sprechen, bevor eine tiefere Liebesbindung entstanden ist. Ist die Liebe erst einmal da und wurde das Thema Sexualität zuvor nicht berührt, bleibt es häufig ganz außen vor. Oder es wird später nicht mehr die Bedeutung beigemessen, die ihm eigentlich zukommen müsste – obwohl gemeinsames sexuelles Erleben auch dann noch möglich und für die Beziehung bereichernd wäre. Tatsächlich neigen wir in Beziehungen und auch als Menschen insgesamt dazu, dass das, was sich einmal eingespielt hat, nicht mehr ohne Weiteres verändert wird. Es ist nicht zwangsläufig so, aber oft beobachten wir genau das. Gleichzeitig muss das jedoch nicht endgültig sein. Auch nach vielen Jahren können Paare, die nie offen über Sexualität gesprochen haben, neue Offenheit entwickeln und ihre Sexualität auf eine andere Ebene bringen.

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            Guido F. Gebauer

            Geschrieben von

            Guido F. Gebauer studierte Psychologie an den Universitäten, Trier, Humboldt-Universität zu Berlin und Cambridge (Großbritannien). Promotion an der Universität Cambridge bei Prof. N. J. Mackintosh zu den Zusammenhängen zwischen unbewusstem Lernen und Intelligenz. Im Anschluss rechtspsychologische Ausbildung, Tätigkeit in der forensischen Psychiatrie und 10-jährige Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Gründung der psychologischen Kennenlern-Plattform Gleichklang 2006. Schreibt für diesen Blog und für vegan.eu und Hochsensible,.eu. Buchveröffentlichung "A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht" im Mai 2022 im Edigo Verlag. Gebauer lebt und arbeitet in Kambodscha, wohin er Ende 2015 gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Gleichklang Seksan Ammawat ausgewandert ist. Termine für ein ⇒ COACHING (Telefon, Video-Chat) können vereinbart werden. Direkter Kontakt für Anmerkungen zu Artikeln hier: gebauer@gleichklang.de