Kommentare (14)

  1. Willi says:

    Wenn wie letzte Woche berichtet viele Beziehungen aus Freundschaften entstehen und heute: “In den meisten Fällen gelingt es nicht, die Beziehung in eine romantische Richtung zu transformieren.. “, so lautet der Schluss für eine gelungene Suche nach romantischer Beziehung: Baue ein gesunges großes Freundesnetzwerk auf.
    Ich bin schon gespannt auf die nächsten Blogartikel über Freundschaft+ und fundierte Fakten darüber.

    • Sophia says:

      Ich möchte kritisch auf diesen Artikel reagieren, da er in seiner Analyse des „Friendzone“-Phänomens sowohl strukturelle Machtverhältnisse als auch die Ursprünge des Begriffs problematisch ausblendet.

      Der Begriff „Friendzone“ stammt ursprünglich aus misogynen Internetkulturen, in denen vor allem cis Männer glauben, dass ihnen romantische Zuwendung „zusteht“, wenn sie nett zu einer Frau sind. Diese Vorstellung reduziert Freundschaft auf eine Vorstufe zur Romantik und wertet nicht nur Freundschaft, sondern auch die Autonomie der anderen Person ab.

      Im Artikel wird zwar versucht, das Phänomen neutral-psychologisch zu erklären, aber es bleibt eine fatale Schieflage: Das Leid und die Perspektive der Zurückweisenden — oft FLINTA (FLINTA steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen), queere oder anderweitig marginalisierte Menschen — kommt kaum bis gar nicht vor. Stattdessen wird suggeriert, dass der Schmerz der Zurückgewiesenen primär ein Kommunikationsproblem sei.

      Die zugrunde liegende Studie („Conceptualizing the Friendzone Phenomenon“, LeFebvre et al., 2022) ist ebenfalls problematisch:

      — Die Studie bestand zu 93,9 % aus heterosexuellen Personen, über 74 % waren weiß, und der Altersdurchschnitt lag bei 19,5 Jahren. Diese Perspektiven sind nicht repräsentativ für die Beziehungsrealitäten von z. B. queeren Menschen, rassifizierten Personen, oder einer cis Frau Mitte 40 mit Lebenserfahrung, emotionaler Reife und anderen Bindungsmodellen.

      — Eine zentrale wissenschaftliche Schwäche der Studie ist, dass sie nicht aufschlüsselt, welches Geschlecht häufiger die Rolle der Initiator:innen romantischer Annäherung einnimmt – obwohl der gesamte Analysefokus auf dieser Rolle liegt. Gerade in einem Feld, in dem geschlechtsspezifische Rollenerwartungen tief verankert sind, ist diese Auslassung nicht nur methodisch unzureichend, sondern politisch brisant.

      — Der Schwerpunkt der Analyse liegt fast ausschließlich darauf, wie Initiator:innen ihre Gefühle kommunizieren können und was danach mit der Freundschaft passiert. Es wird kaum reflektiert, wie sich das für die zurückweisende Person anfühlt oder wie oft Ablehnung mit Schuldgefühlen, emotionalem Rückzug oder sogar Angst verbunden ist.

      Besonders schmerzhaft ist, dass Freundschaft in diesem Diskurs als Mangel dargestellt wird — als etwas, das nicht „genug“ ist. Damit wird eine tiefe, bedeutungsvolle Verbindung abgewertet, weil sie nicht sexuell oder romantisch aufgeladen ist. Die implizite Botschaft: Wer „nur“ Freund:in sein will, verweigert etwas. Das ist zutiefst verletzend, vor allem für FLINTA, die häufig genau wegen dieser Erwartung nicht sicher „nein“ sagen können.

      Gleichzeitig wird der Standard unausgesprochen dahin verschoben, dass Beziehungen möglichst schnell zu romantisch-sexueller Nähe führen sollen — und alle anderen Beziehungskonstellationen (platonisch, queer, asexuell, wahlverwandtschaftlich) als Abweichung erscheinen. Wer Freundschaft nicht als „Vorstufe zur Liebe“, sondern als eigene, tiefe Lebensform lebt, wird hier systematisch entwertet.

      Zudem wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass die meisten Teilnehmer dieser Studie, nämlich junge Studierende in ihren späten Teenagerjahren oft noch sehr im Erforschen ihrer eigenen Beziehungsskripte stecken. Diese Erfahrungen können wichtig sein — aber sie sind nicht übertragbar auf Menschen mit anderen Lebenserfahrungen, anderen Bedürfnissen, oder einem reflektierteren Umgang mit Grenzen, Ambiguitäten und Fürsorge.

      Der Artikel suggeriert, dass Freundschaften, die durch Zurückweisung belastet sind, primär unter einem „unausgesprochenen Wunsch“ leiden. Das ist eine gefährliche Umdeutung: Es sind oft strukturelle Grenzüberschreitungen und das Nicht-Akzeptieren von „Nein“, die Freundschaften belasten — nicht das Fehlen eines romantischen Happy Ends.

      Wer wirklich an Solidarität & Beziehungsvielfalt interessiert ist, sollte nicht nur romantisches Begehren erforschen, sondern auch die Politiken von Zurückweisung, Grenzsetzung und emotionaler Arbeit.

      Ich fände es spannend zu hören, wie viele FLINTA sich in den Kommentaren oder aus eigener Erfahrung immer wieder in der Rolle der „Zielperson“ wiederfinden – als jene, die höflich zurückweisen müssen, ohne zu verletzen, ohne sich angreifbar zu machen, ohne Schuldgefühle zu erzeugen. Genau diese kollektive Erfahrung taucht in vielen öffentlichen Erzählungen auf, und sie fehlt sowohl in der Studie als auch im Artikel vollkommen.

        1. Vielen Dank für die ausführliche, kritische Analyse. Der Hinweis, der Begriff stamme aus der misogynen Szene, ist mir bekannt, trifft aber nach meiner Einschätzung inhaltlich nicht zu. Tatsächlich werden auch in der Studie die entsprechenden Erfahrungen beider Geschlechter beschrieben – und genau dies entspricht meiner eigenen Erfahrung, wobei ich mir auch andere Gender-Perspektiven gewünscht hätte:

          Das Problem wird mir im Coaching ungefähr ebenso häufig von Männern wie von Frauen geschildert. Ich höre es sowohl aus dem heterosexuellen als auch aus dem LGBTQ+-Bereich. Frauen berichten, sie würden als „Kumpel“ wahrgenommen, könnten den Sorgen ihrer Freunde zuhören – auch deren romantischen –, würden aber selbst als romantische Partner:innen nicht in Betracht gezogen. Sehr ähnlich berichten Männer davon, ebenfalls in der Position des „Kumpels“ zu sein. Hier werden – was sich durch reale geschlechterrollenspezifische Erwartungen in unserer Gesellschaft erklären lässt – etwas häufiger praktische Hilfestellungen wie Zuhören oder Trösten erwähnt.

          Der Befund, dass im LGBTQ+-Bereich mehr Partnerschaften aus Freundschaften entstehen, deutet für mich übrigens auf einen in dieser Hinsicht gelasseneren und offeneren Umgang hin.

          Interessanterweise höre ich diese Aspekte in durchaus analoger Weise auch von den Männern und Frauen, die selbst mit jemandem verbunden sind, der oder die sich eine Partnerschaft wünscht, während sie selbst nur eine freundschaftliche Beziehung eingehen möchten.

          Das empirische Phänomen, um das es hier geht, ist also geschlechter- und genderübergreifend.

          Die Angabe „93,9 % Heterosexuelle“ entspricht übrigens ungefähr den Daten in repräsentativen Populationen, sofern keine differenziertere Erfassung vorgenommen wird (z. B. „heteroflexibel“). Der Befund spricht also nicht gegen die Aussagekraft der Studie. Der Anteil von 74 % weißen Teilnehmer:innen ist weitaus diverser als in vielen psychologischen Studien und spricht ebenfalls für eine eher gute Generalisierbarkeit. 13 % der Teilnehmer:innen gaben an Afro-Amerikaner:innen zu sein, der entsprechende Bevölkerungsprozentsatz in den USA beträgt 13,6 %. Das spricht also für einen guten Einbezug.

          Die Studie befasst sich in gleicher Weise mit der Person, die romantische Gefühle empfindet, und derjenigen, die diese Gefühle nicht erwidert (oder selten eben doch erwidert). Die Reaktionsmuster der zurückweisenden Person werden beschrieben, wodurch viele Dynamiken deutlich werden.

          In der Studie wurden die geschlechtsspezifischen Dynamiken zwischen Initiator:innen und reagierenden Personen nicht differenziert ausgewertet. Es gibt jedoch einen klaren empirischen Hinweis auf eine breite Rollenüberlappung:

          „The majority of participants (55.7%) had been both initiators and respondents in friendzone experiences. A minority of participants were only initiators (11.4%), while (33%) were respondents.“

          Da das Geschlechterverhältnis in der Stichprobe nahezu ausgeglichen war, mit etwas mehr Frauen als Männern und sich auch in den beiden anderen Rollenerfahrungen jewiels erhebliche Anteile zeigten, ist dieser Befund nur bei einer breiten Überschneidung zwischen den Geschlechtern statistisch möglich.

          Es wäre zweifellos interessant, zu wissen, wie hoch der prozentuale Anteil innerhalb der Geschlechtergruppen derjenigen ist, die nur Initiator:in oder nur Reagierende waren. Doch unabhängig davon legt die Datenlage nahe, dass Rollenüberlagerungen empirisch die Regel sind. Das Phänomen ist ein allgemein menschliches Phänomen. Die Studie hat aber in der Tat keinen Geschlechter/Gender-Fokus.

          Die Autor:innen der Studie hatten jedoch einen anderen Fokus:

          Ihr Ziel war es vor allem, die allgemeinen Dynamiken rund um das Friendzone-Phänomen zu analysieren. Geschlechter- oder Gender-Differenzen standen dabei nicht im Zentrum. Dieser Aspekt hätte den Ansatz sicher noch erweitert, ohne aber den Befunden aufgrund der deutlich nachgewiesenen Rollenüberlappungen ihren generalisierbaren Charakter zu nehmen.

          Wenn wir Liebesbeziehungen führen wollen und Menschen für solche Beziehungen kennenlernen möchten, sollten wir es nach m.E. nicht per se als kritisch sehen, dass Menschen Liebesgefühle entwickeln. Auch deren Ausdruck ist wichtig, da ohne ihn Beziehungen kaum entstehen können. Je expliziter der Ausdruck, desto mehr Klarheit und desto besser ist es für alle Beteiligten.

          Ich sehe in indirekten Ausdrucksformen eher die Wirkung unserer wenig offenen Gesellschaft, die dadurch ungünstige Dynamiken erzeugt. Ich höre übrigens auch die meiste Belastung durch indirekte Ausdrucksformen, was sehr quälend werden kann, zumal sich viele wirklich nicht trauen, zu einer expliziten Klärung überzugehen.

          Ich glaube, wir müssen deutlich machen, dass es nicht moralisch anstößig ist, als Frau, Mann oder nicht-binäre Person etwas für eine andere Person zu empfinden und dies auszudrücken. Ebenso wenig ist es anstößig, diese Gefühle nicht zu teilen oder zurückzuweisen.

          Tatsächlich sehe ich die Tendenz, den Ausdruck von Liebe und das Vorhandensein von Liebe an sich zu problematisieren, und die gleichzeitige Tendenz, Zurückweisungen nicht annehmen oder problematisieren zu wollen, als zwei Seiten derselben Medaille einer Gesellschaft, in der keine gefühlsoffene Kommunikation herrscht.

          All das bedeutet nicht, dass ich Deine kritischen Anmerkungen nicht als ebenfalls eine weitere Realität annehmen würde. Sie ist es, aber das Grundphänomen sollten wir nach m.E. nicht als ein Problem in sich aufrollen, wenn es doch in Wirklichkeit nur menschliche Wirklichkeit und für manche so auch Chance für eine Transformation ihrer Beziehungen ist, immerhin entstehen auch manche Liebesbeziehungen und während einige Freundschaften leiden, erleben andere ein Wachstum.

          1. Sophia says:

            Danke für Ihre ausführliche Rückmeldung. Ich sehe, dass Sie versuchen, eine breite Perspektive einzunehmen – und gerade deshalb möchte ich auf eine zentrale Ebene zurückkommen, die in Ihrer Antwort erneut fehlt: Macht.

            Ich habe zu keinem Zeitpunkt problematisiert, dass Menschen romantische Gefühle haben oder ausdrücken. Was ich problematisiert habe – und das tue ich weiterhin – ist die systematische Abwertung von Freundschaft als „nicht genug“ sowie die fehlende Differenzierung zwischen emotionaler Annäherung und sozialem Anspruchsdenken.

            Sie sprechen davon, dass das Phänomen geschlechterübergreifend sei. Ja – aber nicht symmetrisch. Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen (FLINTA) berichten nicht einfach nur von unerwiderten Gefühlen. Sie berichten von:
            • Druck, den Kontakt zu halten, um „nett“ zu bleiben
            • Angst vor negativen Reaktionen nach Ablehnung
            • Schuldgefühlen, weil ihr „Nein“ Beziehungen beendet
            • subtiler oder expliziter Bestrafung durch Rückzug, Abwertung oder Schuldzuweisung

            Dass Ihre Coachings „beidseitige Erfahrungen“ zeigen, bestreite ich nicht – aber die sozialen Konsequenzen dieser Erfahrungen sind nicht gleich verteilt. Ihre Darstellung erzeugt ein Bild von Gleichheit, wo in Wahrheit strukturelle Ungleichheit wirkt.

            Auch zur Studie: Es ist keine Aussage über Diversität, wenn die Mehrheit der Teilnehmenden weiß und heterosexuell ist, sondern ein Beleg dafür, wie stark psychologische Forschung bestimmte Realitäten ignoriert. Dass Sie dies als „normal“ und „repräsentativ“ darstellen, zeigt, wie tief diese Ausschlüsse als selbstverständlich betrachtet werden.

            Was ich gesagt habe – und was ich hier wiederhole – ist: Die Perspektive derjenigen, die nicht romantisches Interesse äußern, wird systematisch ausgeblendet. Und wenn sie doch vorkommen, dann meist nur als Funktion der Geschichte des „Initiators“. In der Studie, im Artikel und auch in Ihrer Antwort bleibt dieser Fokus bestehen.

            Freundschaft ist kein „Scheitern“. Sie ist kein „Warten auf mehr“. Sie ist ein eigenes Beziehungsideal. Wenn wir – wie Sie sagen – emotionale Offenheit fördern wollen, dann muss das auch heißen: die Entscheidung, keine romantische Beziehung zu wollen, als gleichwertige Form von Intimität zu achten.

            Auch diese Erfahrung ist Teil unserer gemeinsamen Wirklichkeit – und ich wünsche mir, dass sie mit der gleichen Sorgfalt und Tiefe gesehen wird wie andere.

            Ich weiß, dass Sie sich um differenzierte Perspektiven bemühen und vielen Menschen einen Raum für Reflexion und Beziehungserfahrung bieten. Gerade deshalb vertraue ich darauf, dass Sie auch diesen Blick mit aufnehmen können – nicht als Widerspruch, sondern als Ergänzung, die Ihre Arbeit nur bereichern kann.

              1. Aber natürlich ist die Entscheidung, keine romantische Beziehung führen zu wollen, absolut gleichwertig. Ich denke auch, dass der Artikel dies durchaus verdeutlicht hat.

                Die Machtfrage ist letztlich in allen menschlichen Beziehungen präsent – jedenfalls dann, wenn wir akzeptieren, dass wir alle durch eigene Bedürfnisse gesteuert werden. Selbst Empathie kann als ein eigenes Bedürfnis gedeutet werden bzw. erfüllt eine Funktion für die Person, die Empathie erlebt, ebenso wie für die Gesamtgesellschaft.

                Ich sehe Macht bei diesem Phänomen nicht mehr und nicht weniger als bei allen zwischenmenschlichen Interaktionen – als einen vorhandenen Aspekt. Und ich habe meine ursprüngliche Antwort entsprechend ergänzt: In den konkreten Daten der Studie zeigen sich doch auch viele Hinweise für eine Generalisierbarkeit über Geschlechter- und Gendergrenzen hinweg.

                Es gibt nie ein Recht auf die “Gefühle der anderen Person”, weder auf ihr Vorhandensein noch auf ihr Nicht-Vorhandensein und wir sollten an einer sozialen Struktur bauen, die diesen Ausruck erlaubt und annimmt.

        2. Anna says:

          Spannende und detaillierte Kritik, vielen Dank!

          • Stefan says:

            Sehr interessanter Disput zwischen Sophia und Guido! Das Thema Friendzone beschäftigt mich gerade sehr, da ich selbst ganz frische Erfahrungen damit gemacht habe. Ich habe mich nämlich vor über 2 Monaten einer Freundin in einem handgeschriebenen Liebesbrief, den ich ihr am Ende unseres letzten Treffens überreicht habe, „offenbart.“ Die Reaktion darauf war, dass ich seitdem geghostet werde. Besonders hat mich Sophias mehrfacher Hinweis auf die Perspektive der Zurückweisenden interessiert, da ich ja leider von meiner eigenen konkreten Zurückweisenden gar kein Feedback bekommen habe. Diese Fragen habe ich mir aber auch schon während meiner Zeit als einseitig verliebter Freund sehr intensiv gestellt. Ich bin mit mir selbst einigermaßen im Reinen, da ich glaube, dass ich so gut wie möglich kommuniziert habe, dass ich mir gar keine Ansprüche einbilde, zurück geliebt zu werden, sondern ihr nur eine Brücke bauen wollte, mit mir zu reden, ob wir unsere Herzen weiter öffnen wollen. Das habe ich ihr auch nochmal nachträglich geschrieben und ihr erklärt, dass ich kein bisschen sauer auf sie bin und gerne auch eine platonische Freundschaft mit ihr führen würde. Die Tatsache, dass sie mich ghostet, finde ich sehr vielsagend, und Sophias Gedanken über die Gefühle, den Stress und das Leiden mancher Zurückweisenden kommen mir in Bezug auf „meine“ Zurückweisende sehr plausibel vor. Das ist sehr schade, dass ich jetzt in dieser Situation bin: 1. Meine Gefühle werden nicht erwidert – sehr schade aber kann eben passieren. 2. Die schöne innige Freundschaft, die wir hatten, ist zerbrochen – wie traurig, aber wahr ist auch, dass diese Freundschaft dann ja vermutlich nicht ganz so echt gewesen sein kann, wenn sie diese Herausforderung nicht überlebt hat. 3. Ich werde geghostet – fühlt sich richtig übel an! 4. „Meine“ Zurückweisende leidet wahrscheinlich auch unter der Situation, was ich nicht wollte. Eine echte Lose-Lose Situation. Trotzdem bedaure ich es nicht, meine Gefühle offenbart zu haben, auch wenn die genannten Ergebnisse deprimierend sind.

              1. Danke für Deinen Beitrag, in dem Du eine sehr persönliche Erfahrung schilderst, die deutlich macht, dass offensichtlich solche zwischenmenschlichen Erfahrungen und die Veränderung von Wahrnehmungen von Beziehungen mit erheblichen Belastungen für alle Beteiligten einhergehen können. Denn Deine Freundin hat den Kontakt ja deshalb abgebrochen, weil sie (aus welchen Gründen auch immer) die als den besseren Weg erlebt. Werden Liebesgefühle nicht geteilt, können sie Irritation auslösen und diese wiederum werden wir auch alle vor dem Hintergrund unserer eigenen gesellschaftlichen Erfahrungen wie auch der Art und Weise, wie wir eine Freundschaft erleben, bewerten. Es gelingt uns nicht immer, solche kritischen Konstellationen zu vermeiden. Nachdem Du Deine Situation noch einmal in einem Brief erklärt hast, ist es nun wesentlich, die Entscheidung der Freundin anzunehmen und womöglich wird sie sich später eines Tages noch einmal melden oder auch nicht.

                Die Freundschaftszone wird insgesamt in der Literatur bzw. von den Betreffenden als etwas Negatives bewertet. Ich denke, es liegt nicht daran, dass Freundschaft als negativ bewertet werden würde, sondern dies erfgibt sich daraus, dass diese Zone quasi in sich bereits einschließt, dass eine Dissonanz der Gefühle zwischen den Beteiligten typischerweise besteht und dass damit eben auch oft eine psychische Belastung bis zu einer Belastung oder Beendigung der Freundschaft verbunden ist – auch wenn glücklicherweise ebenfalls von den Betieligten als positiv erlebte Ergebnisse auftreten können.

            • An says:

              Der Machtaspekt im Hinblick auf Gesellschaftsstrukturen und Erwartungen besteht sicherlich und zeigt sich in verschiedenen Kontexten auf andere Art und Weise.

              Das in der Diskussion dargestellte abwerten und rivalisieren zwischen Freundschaft und Romantik sehe ich nicht. Das ist, als würde man Dessert und Hauptgericht miteinander vergleichen, zumal Liebesbeziehungen laut diverser Studien nur dann langfristig bestehen bleiben, wenn die Beziehung von Vertrautheit geprägt ist, was ein Merkmal enger Freundschaften ist und eben nicht, weil eine Liebesbeziehung konstant primär sexuell geprägt ist.

              Desweiteren ist es grotesk einer Studie “weiß und heterosexuell” vorzuwerfen, wenn sie sich auf die Bevölkerung der USA bezieht.

              In Japan wäre eine Beziehungsstudie zu 99% asiatisch, da in Japan nur 1% Ausländer leben und die Mehrheit andere Asiaten sind.

              Ebenso besteht außerhalb des Internets in entsprechenden Kreisen die Bevölkerung ebenfalls aus Heterosexuellen.

              Die einzigen, die tatsächlich als “Minderheit” dargestellt werden, obwohl sie prozentual betrachtet mindestens 50% der Bevölkerung ausmachen, sind Frauen.

              Dieses neumodische “CIS Frau” empfinde ich als zutiefst diskriminierend!

              Dadurch werden Frauen von sich benachteiligt fühlenden Minderheiten ständig beleidigt.

              Ebenso werden biologische Faktoren, die auch Auswirkungen auf das Leben und den eigenen Körper haben bagatellisiert und ignoriert (wenn man bedenkt, wieviele Frauen Endometriose haben, wie gering die Aufklärung ist, wie wenig daran geforscht wurde…) und dann heute so zu tun, als wäre jeder nach Belieben eine “Frau”.

              Diese ganze Verzerrung trägt sicher nicht zu einer offeneren, freieren Gesellschaft bei, sondern erzeugt nur weitere Parallelgesellschaften. Ähnlich wie es in anderen Epochen mit Sekten der Fall war.

                1. Danke für Deinen Beitrag, wobei ich Deiner (indirekten) Gender-Kritik allerdings nicht zustimme und Dich gerne auf mein Video zum Thema „Geschlecht und Gender“ verweise, das die bahnbrechenden Arbeiten der Neurowissenschaftlerin, Neuroendokrinologin, Psychologin und Sexualwissenschaftlerin Sari van Anders darstellt. Biologisch und psychologisch stellt sich die Situation demnach bei weitem komplexer dar als es die Idee von Mann und Frau zum Ausdruck bringt. Den Titel CIS-Frau oder CIS-Mann (beides wird im gleichen Kontext und ebenso häufig verwendet) erlebe ich nicht als diskriminierend, ebenso wenig wie den Titel Trans-Frau oder Trans-Mann. Er entspricht dem Bedürfnis von Frauen und Männern, darzustellen, dass sie sich auf die Aspekte beziehen, die sie nicht mit Trans-Frauen teilen, und sich insofern hier in einer Gruppe sehen. Oder von anderen, die aus welchem Grund auch immer diese Gruppe benennen wollen.

                  Ich kann zu Geschlecht/Gender hier nur die Darstellung von Sari van Anders empfehlen, die ich als wegweisend erlebe und die alle scheinbaren Widersprüche in einem einheitlichen und niemanden ausschließenden, gleichzeitig jedem auch auf Wunsch eine Gruppenbezeichnung ermöglichenden System vereinigt. Das gilt umso mehr, als dass die verschiedenen Differenzierungen sich seit langer Zeit in vielen Kulturen nachweisen lassen – bis hin zu archäologischen Belegen. Die entsprechenden Befunde werden ansatzweise im Video dargestellt. Sari van Anders gelangt aus biologischer und psychologischer Sicht zu dem Schluss, dass eine klare Zweiteilung nicht möglich ist und zudem Geschlecht und Gender oft nicht voneinander differenzierbar sind, weshalb sie vom Geschlecht/Gender-Komplex spricht. Sie stellt u.a. dar, wie selbst hormonelle Veränderung z.B. durch Umweltstrukturen induziert werden können.

                  Deinen weiteren Aspekten stimme ich zu einem guten Teil zu, nur ist es wichtig, den Fokus nicht von „Mehrheit“ auf „ausschließlich relevant“ zu verlagern. Du hast absolut recht, dass die große Mehrheit heterosexuell ist, wobei es aber bereits viel komplizierter wird, wenn wir zwischen Heterosexualität und Heteroflexibilität differenzieren. Dann sind plötzlich ein Drittel der Heterosexuellen bereits nicht mehr eindeutig heterosexuell. Mit dieser Differenzierung könnten wir auf einen heterosexuellen Anteil von nur noch etwas über 40 % gelangen. Wir können eben nur das sehen, was wir fragen. Sehr deutlich wird dies auch, wenn wir Menschen die Entscheidung überlassen, wie stark sie sich als heterosexuell oder durch verschiedene Geschlechter/Gender angezogen fühlen. Dann sehen wir plötzlich viele Zwischentöne, die bei einer binären Einteilung unsichtbar bleiben – genau wie beim Thema Geschlecht/Gender.

                  Die Abweichung von dichotomen Zweierkategorien geht übrigens meistens auf reale individuelle Unterschiede zurück, weil damit auch sämtliche stereotypen Vorstellungen aufgebrochen werden, was Mitglieder einer Kategorie zu erleben hätten oder wie sie sich zu verhalten hätten. Wenn wir es sehr differenziert betrachten, stellen wir meist innerhalb von Kategorien deutlich mehr Unterschiede fest als zwischen den Kategorien – und dies gilt auch bezüglich der dichotomen Kategorie Mann-Frau für fast alle psychisch relevanten Merkmale. Deshalb wird auch die Geschlechterähnlichkeitshypothese in neueren Meta-Analysen innerhalb der Psychologie gestützt.

                  Es ist für eine Studie völlig in Ordnung, vorwiegend „Heterosexuelle“ zu erfassen, auch wenn wir nicht genau wissen, was diese Heterosexualität im Einzelfall bedeutet. Da stimme ich Dir zu, zumal in dieser Studie auch andere Formen sehr wohl erfragt wurden. Es ist ebenso legitim, nur Heterosexuelle oder nur Homosexuelle zu untersuchen – je nach Ziel der Studie. Die Studie, über die ich schreibe, weist zudem eine ausgeglichene Repräsentation von weißen und afroamerikanischen Personen auf, was ebenfalls die Generalisierbarkeit stützt.

                  Die sexuelle Konfigurationstheorie von Sari van Anders kommt übrigens ganz ohne Begriffe wie Heterosexualität oder Homosexualität aus – sie können natürlich verwendet werden, aber in ihrer Konfigurationstheorie lassen sich Orientierungen individueller und genauer darstellen.

              • Stefan says:

                Danke für deine Reflexionen, lieber Guido. Das Negative an meiner eigenen Erfahrung habe ich ja schon genannt. Positiv sehe ich daran, dass es mich dazu gebracht hat, nach Innen zu schauen und mich mit meinen Gefühlen auseinander zu setzen. Schon irgendwie ein Reifungsprozess. Meine Erkenntnis lässt sich ungefähr so ausdrücken, dass ich gerade lerne, mein Glück nicht davon abhängig zu machen, ob meine Gefühle erwidert werden oder nicht, sondern mit mir selbst zufrieden zu sein und für mich selbst zu sorgen. Diese Weisheit war mir theoretisch schon länger bekannt, aber es ist was anderes, sich auf diesen inneren Prozess einzulassen. Meine declaration d‘amour hat übrigens unerwarteterweise doch nich zum totalen Ende der Freundschaft geführt. Gestern bekam ich eine Mitteilung, dass sie keine böse Absicht hatte, sondern nur sehr verunsichert war, ob es nicht besser ist, wenn wir uns nicht mehr sprechen. Is this the beginning of a beautiful friendship?

                  1. Oh, das ist ja eine bemerkenswerte überschneidung. Ja, ich denke, es kann der Beginn einer guten Freundschaft sein oder die Fortsetzung eines Weges, der eben, wie es im Zwischenmenschlichen oft der Fall ist, auch Turbulenzen begegnet ist.

                • Andreas says:

                  Dass Friendzoning statistisch häufiger vorkommt als aus Freundschaft entstehende Beziehungen, ist aufgrund der höheren Basisrate von Freundschaften ja plausibel. Ich frage mich aber, warum sich manche Menschen “immer wieder” in der Freundschaftszone befinden.

                  Offenbar gibt es Menschen, die davon häufiger betroffen sind als andere, und für die Betroffenen wäre es wertvoll zu wissen, was diese personenbezogenen Ursachen sind. Die Form der Kommunikation der romantischen Gefühle ist es offenbar nicht. Sind es psychologische Merkmale? Mangelnde physische Attraktivität? Gibt es hierzu Studien?

                  • Niklas says:

                    Interessante Aspekte dieses speziellen Themas. Ich bin anscheinend sehr anfällig für einseitige Liebe und es liegt nicht an der Kommunikation. Ich gestehe meine Liebe einer Frau und bekomme von dieser als Antwort, das ich nicht ihr Typ wäre, wir aber Freunde sein können. Aus Verliebtheit willige ich ein, merke aber, das es sehr belastend ist, vor allem wenn die Angebetete oberflächlichen Sex mit anderen Männern hat. Man wird auch leicht ausgenutzt als “Freund” der immer Zeit und Lust hat zu helfen. Wenn hier von Machtgefälle die Rede ist, ist es in der Friendzone der Verliebte, der machtlos ist. Wie gesagt, ist es sehr schwer so eine Beziehung zu beenden, und wird auch manchmal von der “geliebten Person” durch bewusstes Hoffnung machen noch erschwert.

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                    Guido F. Gebauer

                    Geschrieben von

                    Guido F. Gebauer studierte Psychologie an den Universitäten, Trier, Humboldt-Universität zu Berlin und Cambridge (Großbritannien). Promotion an der Universität Cambridge bei Prof. N. J. Mackintosh zu den Zusammenhängen zwischen unbewusstem Lernen und Intelligenz. Im Anschluss rechtspsychologische Ausbildung, Tätigkeit in der forensischen Psychiatrie und 10-jährige Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Gründung der psychologischen Kennenlern-Plattform Gleichklang 2006. Schreibt für diesen Blog und für vegan.eu und Hochsensible,.eu. Buchveröffentlichung "A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht" im Mai 2022 im Edigo Verlag. Gebauer lebt und arbeitet in Kambodscha, wohin er Ende 2015 gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Gleichklang Seksan Ammawat ausgewandert ist. Termine für ein ⇒ COACHING (Telefon, Video-Chat) können vereinbart werden. Direkter Kontakt für Anmerkungen zu Artikeln hier: gebauer@gleichklang.de