Kommentare (4)

  1. Irene says:

    Hallo Herr Gebauer, ich habe mich auf der Gleichklang-Website als Interessentin umgesehen. Beim Thema Gesundheit und Sexualität ist mir etwas aufgefallen, Stichwort “Funktionsstörungen”.

    Viele Männer verlagern ihre Sexualität in Single-Zeiten mehr oder weniger ins Internet (Pornos gelten eh als normal) und finden später nur schwer wieder raus, weil sie sich an ganz bestimmte visuelle Reize und Abläufe gewöhnt haben. Wenn sie dann wieder eine Partnerin haben, erleben sie Probleme mit der echten Frau und der realen Körperlichkeit.

    Wie komme ich auf das Thema? Solche Männer gehen teils zum Arzt, der findet nichts, weil organisch alles stimmt. Mancher Arzt rät, dass die Partnerin Geduld haben soll. Wenn die Frau den exzessiven Porno-Konsum mitbekommen hat, fühlt sie sich nicht ganz ernst genommen und sucht Rat im Internet – in Foren, bei Podcastern … da bin ich schon beiläufig auf mehrere Fälle gestoßen. (Im Nachhinein denke ich, dass ich in einem kurzen Beziehungsversuch auch schon mal mit einem Porno-impotenten Mann zu tun hatte.)

    Das bringt mich auf den Vorschlag, dass Ihre Plattform die Einstellung und Konsumverhalten rund um Pornographie abfragen könnte, denn das gehört ja auch zum Lebensstil. Vielleicht wollen Sie auch mal einen Artikel dazu bringen (also über Porno-Impotenz v.a. bei Männern). Ihre Zielgruppe ist im Schnitt um die 50, da dürfte es viele Betroffene geben. Das Thema hat jedenfalls mehr Einfluss auf die Qualität der Beziehung als die Frage, ob man selten oder gar kein Fleisch isst.

      1. Das Thema ist wirklich spannend und es gibt zu Pornographie auch eine riesige Literatur, mit allerdings teilweise sehr widersprüchlichen Befunden, wobei der entscheidende Aspekt oft das Untersuchungsdesign ist. Ich glaube nicht, dass eine Übernahme in den Algorithmus wirklich hilfreich ist. Sollten wir dann Leute, die “pornosüchtig” sind, an andere vermitteln, die auch “pornosüchtig” sind, oder gerade nicht? Ich glaube, dass die von Ihnen geschilderte Pornographie-Problematik nicht durch ein Matching nach Übereinstimmung oder Gegensätzlichkeit gut gelöst werden kann. Den anderen Aspekt, den Sie aber ja nicht meinen, nämlich die Sexpositivität, die haben wir durchaus in einer Reihe von Fragen aufgegriffen. So ist es sicherlich sinnvoll, dass die Menschen zusammenfinden, die sexuelle Experimentierbedürfnisse etc. teilen. Aber die von Ihnen geschilderte Problematik ist ja eher “krankhaft” und daher als ein positives Matchingkriterium nicht geeignet. Selbst für eine Vermittlung nach Akzeptanz scheint mir keine Eignung vorzuliegen. Eher müssten die Betreffenden daran arbeiten, zu Veränderungen zu gelangen, und zwar möglichst vor einer Beziehung.

        1. Irene says:

          Ja, stimmt, das ist zu komplex. Vielleicht wäre es eher ein Thema für einen Blog- oder Hilfeartikel für Männer, die sich eine Freundin (oder auch Freund) wünschen, aber Angst haben, mit der sexuellen Realität nicht (mehr) zurecht zu kommen.

          Vielleicht ist das Problemfeld sogar ein Grund dafür, dass es mittlerweile weniger üblich ist, dass Männer eine Frau ansprechen, um sie kennen zu lernen. Das wird sonst eher damit erklärt, dass sich die Geschlechterrollen ändern.

          Gibt es Forschung dazu, wie sich regelmäßiger Pornokonsum von Männern auf heterosexuelles Dating und Beziehungen auswirkt?

          (Den Ausdruck sexpositiv finde ich übrigens etwas seltsam, denn da schwingt mit, dass man sexnegativ ist, wenn man nicht alles ausprobieren will.)

            1. Sexpositiv bedeutet nicht, alles ausprobieren zu wollen oder gar vermeintlich zu müssen, sondern alles ausprobieren zu können, wenn es wirklich gewollt und bejaht wird. Ohne also unter Hemmungen, Schuldgefühlen, Schamgefühlen etc. zu lernen, eben auch offen sprechen zu können. Pornographiekonsum ist kein Ausdruck von Sexpositivität, sondern kann sogar ein Ausdruck von Sexnegativität sein, denn das Interesse an Pornographie ist gerade auch in Kreisen hoch, die eher sehr konservative Einstellungen zur Sexualität haben. Aber Sexpositivität und Pornographiekonsum schließen sich auch nicht aus. Letztlich hat die Menschheit seit jeher, von ihren Anfängen, danach gestrebt, das irgendwie festzuhalten, was für die einzelnen Menschen eine Bedeutsamkeit hat, z.B. Ernährung, Sicherheit und zu Hause, Krieg und Frieden, Freundschaft, Liebe und natürlich auch Sexualität. Es geht daher nach m.E. nicht, um das “ob”, sondern um das “wie”, welches zwischen konstruktiven, empathische und künstlerischen Formen, sowie destruktiven, menschenverachtenden und trivialen Formen unterscheidet.

              Es gibt eine riesige Menge Forschung, aber die Ergebnisse sind abhängig von der Art der Pornographie, dem Setting, in dem Pornographie angeschaut wird, ob sie von Heterosexuellen oder LGBT-Personen angeschaut wird, ob sie solitär oder mit Partnerin angeschaut wird etc. etc. Pornogographiekonsum kann in Sexsucht eingebettet sein, muss es aber nicht. Vor diesem Hintergrund sehe ich da keine einfache Antwort, aber es stimmt, dass ein ausführlicher Artikel darüber sicher interessant wäre und ich habe auf die To Do Liste gesetzt.

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      Guido F. Gebauer

      Geschrieben von

      Guido F. Gebauer studierte Psychologie an den Universitäten, Trier, Humboldt-Universität zu Berlin und Cambridge (Großbritannien). Promotion an der Universität Cambridge bei Prof. N. J. Mackintosh zu den Zusammenhängen zwischen unbewusstem Lernen und Intelligenz. Im Anschluss rechtspsychologische Ausbildung, Tätigkeit in der forensischen Psychiatrie und 10-jährige Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Gründung der psychologischen Kennenlern-Plattform Gleichklang 2006. Schreibt für diesen Blog und für vegan.eu und Hochsensible,.eu. Buchveröffentlichung "A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht" im Mai 2022 im Edigo Verlag. Gebauer lebt und arbeitet in Kambodscha, wohin er Ende 2015 gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Gleichklang Seksan Ammawat ausgewandert ist. Termine für ein ⇒ COACHING (Telefon, Video-Chat) können vereinbart werden. Direkter Kontakt für Anmerkungen zu Artikeln hier: gebauer@gleichklang.de