Selbstunsicherheit und Partnersuche
Zwei Zuschriften von Mitgliedern möchte ich zum Anlass nehmen, mich mit dem Thema “Unsicherheit abbauen“ auseinanderzusetzen.
Das Ziel der Partnersuche ist es natürlich, Partnerschaft zu finden. Überwindung von Unsicherheit kann Sie diesem Ziel näher bringen.
Der Gewinn ist sogar ein doppelter:
- die Überwindung von Unsicherheit kann Ihnen nicht nur bei der Partnersuche, sondern auch allgemein im Leben helfen
So kann Ihre Partnersuche zu einer positiven Phase Ihrer Persönlichkeits-Entwicklung werden, in der Sie an Lebenszufriedenheit und Sicherheit gewinnen.
Mitglieder-Zuschriften
- “Vor leider Frustration über eine erneute Ablehnung nach meinem vierten Date habe ich diese wie immer auf mich selbst reflektiert und bin wieder in meine depressiven Muster verfallen”
- “Eine Frage, die mich mal interessieren würde ist – wie reagieren Menschen auf Erstnachrichten? Angeblich fühlen sich manche Männer nahezu “entmannt“, wenn sie eine Erstnachricht von einer Frau bekommen. Seit man mir das gesagt hat, fühle ich mich immer ein bisschen unwohl, eine Erstnachricht zu schreiben, ich möchte nicht als ersten Eindruck hinterlassen, ich wäre aufdringlich, bedürftig, o.ä. . “
So verschieden beide Zuschriften auch sind, so gilt für beide, dass Sie auf Unsicherheiten hinweisen, die innerhalb der Person liegen. Diese Unsicherheiten können die Partnersuche und womöglich auch an anderer Stelle das Leben erschweren.
Denkfehler der Selbstunsicherheit
Beiden Fragen liegen nach meiner Einschätzung fehlgeleitete Grundannahmen zugrunde:
- ich muss auf jeden Fall von jedem positiv bewertet werden (einen guten Eindruck machen, gemocht werden, geliebt werden etc.)
- wenn ich abgelehnt werde, ist dies eine Katastrophe!
- der Verfasser der ersten Nachricht geht davon aus, dass Ablehnung auf einen Fehler hinweise, der in seiner Person liege. Er reagiert mit tiefem Selbstzweifel und Depression
- bei der Verfasserin der zweiten Nachricht ist die Situation etwas anders, aber auch hier glaubt die Verfasserin, ihr Verhalten an die (vermeintlichen) Reaktionen der anderen anpassen zu müssen
Ich halte dies für Denkfehler, zu denen wir übrigens alle neigen.
Glücklicherweise können wir solche Fehler erkennen und korrigieren. Veränderung von Denken führt dabei auch zur Veränderung von Gefühlen – ebenso gibt es die umgekehrte Wirkrichtung.
Bei der Partnersuche – und auch bei den meisten anderen sozialen Interaktion im Leben – sollte es nicht darum gehen, einem anderen Menschen unbedingt gefallen zu wollen.
Es geht in Wirklichkeit um etwas ganz anderes:
- nämlich einem Menschen zu begegnen, mit dem eine gemeinsame Verständnis- und Lebensbasis entstehen kann.
Ablehnung ist in diesem Sinne keineswegs unbedingt eine schlechte Nachricht, sondern zunächst einfach einmal nur eine Information, dass (womöglich) diese gemeinsame Verständnis- und Lebensbasis nicht mit diesem Menschen gefunden werden kann.
Ist dies der Fall, ist es daher sinnvoll, die Ressourcen zu fokussieren und auf Begegnungen mit anderen Menschen zu orientieren.
Wir können dabei ganz bei uns selbst bleiben und den Weg nach der Suche nach einem Menschen fortsetzen, der zu uns (so wie wir sind) passt.
Gelassener und lockerer werden
Es geht also um mehr Gelassenheit, Lockerheit, Akzeptanz für zwischenmenschliche Unterschiede, die wir weder den anderen noch uns ankreiden müssen.
Wir müssen weder von allen anderen Menschen positiv bewertet werden, noch müssen wir selbst alle anderen Menschen positiv bewerten. Ablehnung ist keine Katastrophe, sondern eine Information.
Selbstunsichere Fehlinterpretationen
Es gibt eine weitere Schwierigkeit:
- wenn wir die Unsicherheit bereits in uns tragen, kann es passieren, dass wir Situationen fehlerhaft interpretieren und dadurch ein ungewolltes Ergebnis erzeugen
Diesen Faktor meine ich zu erkennen bei der Verfasserin, die ihre Befürchtung ausdrückt, eine Erstnachricht an einen Mann könnte von diesem als Entmannung erlebt werden.
Ich glaube nämlich, dass diese Befürchtung viel weniger auf der Realität beruht als auf einer Unsicherheit innerhalb der Verfasserin, die diese auf die Realität überträgt.
Übrigens haben wir hierzu sogar konkrete Daten aus mehreren Umfragen:
- die große Mehrheit der Männer (jedenfalls bei Gleichklang) freut sich über Erstnachrichten
Sicher mag es auch in seltenen Fällen Reaktionen geben, wie die von der Verfasserin befürchteten. Das ist aber die Ausnahme und wir sollten uns von solchen Befürchtungen nicht steuern lassen.
Die Verfasserin fühlt sich unwohl aufgrund ihrer Befürchtung, negative Reaktionen mit einer Erstnachricht zu erzeugen. Das ist verständlich, aber nicht zielführend.
Die Befürchtung ist in der Regel unbegründet, sie ist also eine reine Befürchtung, die meistens nicht auf der Wirklichkeit beruht.
Aber selbst wenn die Befürchtung wahr wäre oder in einem bestimmten Fall tatsächlich wahr ist, braucht dies für die Verfasserin kein Anlass zur Sorge zu sein:
- falls ein Mann sich durch ihre Zuschrift entmannt fühlen sollte, ist dies nicht ihr, sondern sein Problem – an dem nicht sie, sondern nur er arbeiten kann
Die Befürchtung der Verfasserin entstammt also einer Unsicherheit, die nunmehr durch die Befürchtung weiter verstärkt wird. So entsteht eine sich selbst aufrechterhaltene und verstärkende Blockade.
Die Verfasserin fühlt sich unwohl, zu schreiben und lässt es daher. Entsprechend kann sie die Erfahrung gar nicht machen, dass viele Männer sich über eine Zuschrift freuen.
Da zudem das aktive Schreiben von Erstnachrichten nach unseren Auswertungen die Partnersuche erheblich beschleunigt, verzögert die Verfasserin gleichzeitig den Erfolg ihrer Partnersuche.
Übung macht Meister
Sicherheit entsteht durch Übung. Der beste Weg zur Überwindung von Unsicherheit liegt daher darin, die Unsicherheit zu erkennen, ungünstige Grundannahmen zu verändern und dann gemäß der neuen konstruktiven Grundannahmen zu handeln.
Im Fall der Verfasserin bedeutet dies, dass sie sich frei machen kann von der Vorstellung, dass sie sich immer so verhalten muss, wie andere dies (vermeintlich) erwarten. Sie braucht über diese Erwartungen nicht nachzudenken.
“Menschen sind verschieden und wir können und brauchen nie genau wissen, wie ein Mensch reagiert“. Dies ist eine realistischere und zielführende Annahme.
Auf dieser Grundlage kann die Verfasserin nun üben, Erst-Nachrichten zu schreiben. Im Verlauf wird sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ihre Unsicherheit überwinden und leistet damit gleichzeitig ein Beitrag für den positiven Fortgang ihrer Partnersuche.
Zielorientiert denken
Beim Verfasser der ersten Nachricht besteht offensichtlich eine tiefergreifende Selbstunsicherheit. So lastet er “negative“ Erfahrungen mit anderen Menschen grundsätzlich sich an und wird depressiv. Weil es auch beim vierten Date nicht geklappt hat, bricht er ein in depressive Resignation – und möchte übrigens seine Partnersuche beenden.
“Alles kann sein, nichts muss sein“, dies ist die beste Einstellung, mit der wir an eine Verabredung herangehen können.
Entsteht wechselseitige Resonanz und entwickelt sich eine Beziehung, ist dies fraglos wunderbar. Ist dies nicht der Fall, ist auch dies nicht schlimm, sondern einfach nur eine weitere Strecke auf dem Weg.
Natürlich macht es immer Sinn, über sich selbst nachzudenken – hierfür bieten wir ja auch bei Gleichklang unser ⯈psychologisches Testportal.
Keinen Sinn macht es jedoch, sich in Selbstvorwürfe, Grämen oder Verbitterung zurückzuziehen.
Über sich selbst nachdenken, sollte immer aktivierenden Zielbezug haben:
- Was möchte ich tun oder verändern?
- Wie kann ich es tun?
- Wo kann ich mir Hilfestellung holen, wenn es mir nicht allein gelingt
Grübeln, einfach nur aufgeben oder abbrechen führt zu keiner Verbesserung.
Barrieren sind zu überwinden
Ich rate zu einer inneren Entkatastrophisierung von “ungünstig“ verlaufenen Online- oder Offline-Begegnungen.
Letztlich wissen wir, dass alle Menschen mit ihren verschiedenen Eigenschaften und Voraussetzungen anderen Menschen begegnen und Beziehungen aufbauen können. Wir wissen dies, weil wir Menschen mit den verschiedensten Eigenschaften in den verschiedensten Lebenssituationen sehen, die partnerschaftlich gebunden sind.
Weder Ängste und Hemmungen, noch Armut, Krankheit oder Handicaps stehen einer Partnerschaft als unüberwindbare Barriere im Wege. Viele Menschen mit diesen oder sogar all diesen Bedingungen leben in Beziehungen. Warum sollte für Sie eine Partnerschaft nicht möglich sein?
Barrieren lassen sich wegräumen. Es kommt auf die richtige Einstellung und die Bereitschaft an, einen Weg zum Ziel zu suchen und zu gehen. Der Prozess des Wegräumens von Barrieren ist dabei ein Entwicklungsprozess, an dem wir wachsen können. Partnersuche kann so ebenfalls zu eigenem Wachstum führen.
Selbstsicherheit ist erlernbar und mit ihrem Erwerb kann auch die Partnersuche in eine neue und aktivere Phase treten.
Es sind nicht wenige Menschen, die bei der Partnersuche unter Unsicherheit leiden. Meistens können wir mit dem richtigen Fahrplan Unsicherheiten aus eigener Kraft überwinden und Selbstsicherheit erlernen.
Übung macht den Meister, Rückzug führt zu keiner Lösung. Online-Plattformen, wie Gleichklang, bieten für solche Übung vielfältige Möglichkeiten.
Gelingt es uns nicht allein, können wir uns psychotherapeutische Hilfe holen. Hierzu möchte ich auch den Verfasser der ersten Nachricht ermutigen, anstatt sich ohne Veränderung zurückzuziehen.
Partnersuche als Weg und Ziel
Unsicherheit hat natürlich auch eine positive Funktion, sie kann uns auf mögliche Gefahren aufmerksam machen. Unsicherheit, sich sofort mit einem anonymen Online-Kontakt zu Hause zu treffen, ist beispielsweise berechtigt. Die Schlussfolgerung aus solcher berechtigter Unsicherheit sollte allerdings nicht sein, nun niemanden mehr kennenzulernen, sondern die Voraussetzungen für sichere Begegnungen zu schaffen.
In gewisser Weise haben alle Unsicherheiten ihren realen Kern. Sie entstammen Lebenserfahrungen der unterschiedlichsten Art, von denen wir viele nicht einmal mehr bewusst erinnern oder nicht in Zusammenhang bringen können mit unserer Unsicherheit.
Viele Unsicherheiten kennzeichnen sich dadurch, dass ihr realer Kern weit zurückliegt und keinen unmittelbaren Zusammenhang zur aktuellen Situation aufweist.
Der richtige Umgang mit solchen Unsicherheiten ist nicht, die gefürchteten Situationen zu vermeiden, sondern sich ihnen zu stellen und sich darin zu üben, die Unsicherheit bzw. ihre handlungsblockierende Wirkung hinter sich zu lassen.
In einem solch reflektierten Sinne kann Partnersuche ein guter Weg sein, Unsicherheiten zu erkennen, zugrundeliegende Fehlannahmen zu verändern und Selbstsicherheit zu trainieren, wodurch gleichzeitig die Chancen der Partnersuche weiter wachsen.