Hier gelangen Sie zu einer ▶Kurzzusammenfassung des Artikels.
Was sich alle in einer Beziehung wünschen
“Alle” ist nur leicht übertrieben:
- In unserer Umfrage zu den “Storys of Love” führt “Liebe als Vertrautheit” die Rangliste der 82 Storys an, die wir erfragten. Nur 1,1 % verneinten “Liebe als Vertrautheit” als ihr Liebes-Ideal. 15,6 % antworteten mit “eher ja” und 83,2 % benannten “Liebe als Vertrautheit” als ihr absolutes Beziehungsideal.
und die Wirklichkeit …
Ein wenig anders sieht die Realität aus:
- Immerhin 54,1 % gaben an, “Liebe als Vertrautheit” gelebt zu haben. Bei 31,8 % war dies “eher” der Fall. 11,4 % gaben demgegenüber ein “eher nein” an. Bei 2,7 % war dies “absolut nicht” der Fall.
Es genügt also nicht, das Ideal zu haben, zur Umsetzung gehört offenbar weiteres dazu.
Wozu führen Ideal und Wirklichkeit?
Das Ideal
Ist das Ideal “Liebe als Vertrautheit” aber überhaupt sinnvoll?
Jedenfalls zeigte sich in unserer Auswertung ein signifikanter Unterschied in der Beziehungszufriedenheit derjenigen, die dem Ideal anhingen:
- Bei denen, die das Ideal nicht absolut bejahten, gaben 37.7 % an, mit ihrer Beziehung zufrieden gewesen zu sein. Bei denen, die das Ideal absolut bejahten, waren es immerhin 50,4 %.
(Die große Mehrheit der Befragten stufte ihre vorherige Beziehung ein – so erklärt sich die insgesamt eher geringe Zufriedenheit. Aber selbst in Beziehungen, die aus welchen Gründen auch immer scheiterten, erlebten sich diejenigen eher als zufrieden, die dem Ideal der “Liebe als Vertrautheit”§ anhingen. Der Effekt ist nicht groß, aber dennoch sichtbar.)
Die Wirklichkeit
Noch größer wird der positive Effekt von “Vertrautheit” freilich, wenn das Ideal tatsächlich gelebt wird:
- Nur 7,7 % derjenigen, die das “Liebe als Vertrautheit” absolut in ihrer Beziehung verneinten, gaben an, mit der Beziehung zufrieden gewesen zu sein. Dieser Prozentsatz stieg auf 18,2 %, wenn das “eher nein” berücksichtigt wurde.
- 40,7 % derjenigen, die ein “eher ja” angaben, berichteten von Zufriedenheit in ihrer Beziehung. Dieser Prozentsatz stieg auf 61,0 % bei denen an, die über eine “absolute Vertrautheit” in ihrer Beziehung sprachen.
Genauso zeigt sich in den Daten ein Effekt “Trennung versus Fortbestehen“:
- So gaben 68,8 % in den fortbestehenden Beziehungen “absolute Vertrautheit” an, aber nur 50,6 % in den Beziehungen, die auseinander gegangen waren.
Vertrautheit ist also nicht alles. Beziehungen können auch dann scheitern oder unzufrieden werden, wenn die Vertrautheit in der Sichtweise absolut gegeben ist. Aber dennoch ist Vertrautheit in der Regel offenbar ein starker protektiver Faktor, der Beziehungen gut tut.
Wie können wir Vertrautheit erreichen?
Vertrautheit bedeutet, dass Partner:innen einander tatsächlich kennen und verstehen. Sie wissen von einander, wie sie ticken. Ist die Vertrautheit absolut, betrifft dies alle Bereiche.
Sicherlich werden manche nun sagen, das sei doch gar nicht möglich. Wahrscheinlich haben sie recht. Sachlage ist aber dennoch, dass Partner:innen einander in einem sehr hohem Ausmaß kennen und verstehen lernen können. Tun sie dies, werden sie meistens glücklicher, als wenn sie dies nicht tun.
Vieleicht sollten wir uns der Frage, wie wir Vertrautheit erreichen können, umgekehrt annähern:
Was erschwert Vertrautheit?
Schauen wir uns an, wie Partner:innen oftmals kommunizieren, finden wir schnell eine Antwort:
- Ich erinnere mich an eine Freundin, die ihrem Partner eine große Eifersuchts-Szene machte, als dieser berichtete, dass er seiner Ex-Freundin begegnet sei. Seither hat er diesen Bericht konsequent unterlassen.
Hier sehen wir das Gift, was Vertrautheit im Ansatz zerstört: es ist die Bestrafung von Vertrautheit.
Denn Dinge, für die wir bestraft werden, unterlassen wir typischerweise – jedenfalls dann, wenn wir erneut eine Bestrafung erwarten.
- Meine Freundin bestrafte ihren Freund in der Realität nicht dafür, dass er – übrigens zufällig – seiner Ex begegnet war. Sie bestrafte ihn vielmehr dafür, dass er ihr dies gesagt hatte. Das aber konnte er unterlassen und so tat er es seither.
Wir sind nicht immer über alles glücklich, was andere Menschen tun, denken und erleben. Das gilt auch für unsere Partner:innen. Um es schnell von uns wegzudrängen, reagieren wir manchmal negativ und so hören Menschen auf, uns über das zu berichten, was ihnen begegnet oder was sie bewegt.
Geht es uns allein um den Schein (nicht wissen wollen, was tatsächlich geschieht), kann es sehr effektiv sein, unsere Partner:innen zu bestrafen, wenn sie uns etwas berichten, was uns nicht gefällt.
Wissen sollten wir aber, dass sich so unsere Beziehung verändert. Denn mit unserer negativen Reaktion schaffen wir den Boden für ganz andere “Storys der Liebe“, beispielsweise für die Story der “Liebe als Theaterspiel” oder die Story der “Liebe als Doppelleben“.
Was hätte meine Freunde anders tun können?
- Ihre Gefühle zu verschweigen, wäre auch nicht der richtige Weg gewesen werden. Schließlich wollen wir doch gerade bei unseren Partner:innen auch unser Inneres offenlegen können, jedenfalls dann, wenn uns Vertrautheit wichtig ist.
- Effektiv wäre es gewesen, weder die Vertrautheit des Partners zu bestrafen, noch sich selbst den Ausdruck der eigenen Gefühle zu verbieten – nach dem Motto “Ich weiß, dass das totaler Unsinn ist, aber ich bin echt eifersüchtig“. Und danach zusammen etwas schönes unternehmen. Denn so wird Vertrautheit nicht bestraft, sondern wechselseitig belohnt.
Viele Paare scheitern daran, ein Klima der Angstfreiheit zu schaffen:
- So sehr sie sich auch lieben mögen, so haben sie doch Angst voreinander – Angst vor negativen Reaktionen und Bestrafung. Dadurch leidet die Vertrautheit und oftmals schließlich die Beziehung.
Klarer Ausweg
Der Ausweg liegt in dem Prinzip der Akzeptanz:
- Dinge stören uns nur solange, wie wir sie nicht akzeptieren. Lieben wir unsere Partner:innen und sind wir glücklich mit ihnen, können und sollten wir lernen, zu akzeptieren, dass wir dennoch nicht identisch sind und das manchmal eben auch Partner:innen Dinge denken, tun oder fühlen, über die wir uns nicht freuen.
- Gelingt es uns auf der Basis solcher Akzeptanz, offen miteinander ins Gespräch zu kommen, werden manche dieser Störfaktoren sogar objektiv verschwinden, andere werden als Phänomene fortbestehen, aber ihren Charakter als Störung verlieren.
Ohne Akzeptanz ist ein offenes Gespräch nicht möglich. Denn Offenheit bedeutet, dass Menschen sich so kennenlernen, wie sie sind. Reagieren wir hierauf jedoch negativ, bestrafen wir die Offenheit unserer Partner:innen und drängen sie so dazu, besser zu schweigen, als zu reden.
Übung ist möglich
Akzeptanz und Offenheit lassen sich üben:
- Machen wir es uns zur Gewohnheit, offen miteinander zu reden und dabei auch über für uns womöglich Schmerzhaftes zu sprechen, und unternehmen wir dabei oder danach etwas Schönes miteinander, verliert die Offenheit ihren Angstcharakter und löst immer nicht mehr Angst, sondern Vertrautheit aus.
Zu weit gehen würde es jedoch, wenn wir alles akzeptieren, auch dann, wenn wir merken, dass es unseren eigenen Bedürfnissen fundamental widerspricht:
- Vertrautheit hat Offenheit zur Voraussetzung, Offenheit allein führt aber noch nicht zur Vertrautheit. Berichtet uns ein Serienmörder in aller Offenheit von seinen Taten, heißt dies noch lange nicht, dass wir uns nunmehr mit ihm vertraut fühlen.
Die zweite Voraussetzung der Vertrautheit ist Passung oder Kompatibilität:
- Ist jemand offen zu uns, können wir die Person gut einschätzen, brauchen sie aber noch lange nicht zu lieben oder mit ihr leben zu wollen. Geschweige denn, dass wir daraus schließen könnten, mit der Person glücklich zu werden.
- Vertraut fühlen wir uns mit Menschen, die offen mit uns sind, die wir verstehen und deren Wesen so gestaltet ist, dass wir gerne in ihrer Nähe sind. Beim Serienmörder mag die Offenheit so sogar zum glatten Gegenteil führen.
- Stellen wir aber fest, dass bei wachsender Offenheit mehr und mehr emotionale, geistige, körperliche Anknüpfungspunkte zwischen uns entstehen, sind die Voraussetzungen für eine Beziehung gut.
Offenheit hilft
Offenheit ist so also in jedem Fall für uns immens hilfreich:
- Besteht eine Passung, werden wir diese durch offenen Austausch erkennen und können sie zur Basis für unsere Beziehungsentwicklung nehmen.
- Besteht eine grundlegende Inkompatibilität, werden wir diese ebenfalls durch offenen Austausch erkennen und so unsere Beziehung neu definieren oder uns zurückziehen können.
Somit stehen “Passung”, “Vertrautheit” und “Akzeptanz” in einem sich wechselseitig verstärkenden Verhältnis zueinander:
- Passung und Akzeptanz erleichtern es uns, zu anderen Menschen einen vertrauten Zugang zu finden. Durch Akzeptanz öffnet sich die andere Person. Durch Passung entsteht bei uns Verständnis und Kompatibilitäts-Erleben.
- Ein vertrauter Zugang macht es uns möglich, Passungen und Unpassungen klarer zu erkennen und wegen der wachsenden Vertrautheit mehr Akzeptanz für Inkompatibilitäten aufzubauen, sofern diese in tiefgreifende Kompatibilitäten eingebettet sind.
Bestrafen wir Offenheit erhöhen wir damit gleich zwei Risiken:
- Eine Passung wird nicht erkannt und Vertrautheit entsteht nicht, weil der Austausch aus Furcht nicht in die Tiefe geht. So geht eine Beziehungschance verloren.
- Eine Passung wird fälschlicherweise angenommen oder vorgespielt, mit der Beziehung werden wir aber dann doch nicht glücklich.
Bei Gleichklang können wir durch unser Matching das Risiko senken, dass tiefgreifende Inkompatibilitäten bestehen. Aber auch das ist natürlich nicht komplett möglich und ganz werden wir in Beziehungen den schwankenden Boden nie verlassen können.
Durch Einübung von Offenheit und Akzeptanz gegenüber dem, was sie dann hören werden, können Sie selbst den entscheidenden Teil dafür leisten, dass tatsächlich nicht geeignete Personen doch ausscheiden.
Vor allem aber können Sie so einen positiven Beitrag dafür leisten, dass Passungen auch sichtbar werden, Vertrautheit entsteht und Inkompatibilitäten dadurch auf das Maß begrenzt werden, dass sie einem positiven Beziehungsleben nicht im Wege stehen.
In Wirklichkeit ist der Zusammenhang zwischen Akzeptanz, Vertrautheit und Passung sogar noch vielschichtiger:
- Passung wird nicht nur erkannt oder nicht erkannt. Sie kann durch Vertrautheit und Akzeptanz auch entstehen: nämlich dann, wenn wir durch eine sich vertiefende Kommunikation wechselseitig zu Veränderungen unserer Einstellungen und Erlebensweisen gelangen.
Ausnahmen und Diversität
Schlussendlich sollten wir aber nicht so tun, als ob es die in unserer Umfrage immerhin 7,7 % der Befragten nicht geben würde, die angaben, sie seien in ihrer Beziehung zufrieden, obgleich Vertrautheit nicht bestand.
Mein ▶Artikel zu den neun Grundorientierungen gibt weitere Aufschlüsse darüber, wie dies möglich ist:
- Als Menschen haben wir eben durchaus die Fähigkeit, in unterschiedlichen Konstellationen zufrieden zu werden, wobei es diesbezüglich gleichzeitig große Unterschiede zwischen uns gibt. Menschen mögen sich nur halb kennen und können doch in bestimmten Bereichen eine für sie so wichtige Kompatibilität erleben, dass sie zufrieden mit ihrer Beziehung werden. Vielleicht haben sie eine hohe Vertrautheit mit ihrer Freundin und guten Sex mit ihrem Partner- auch das ist möglich.
Es lohnt sich, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, damit wir die Potenziale erkennen und auszuschöpfen, die uns voran bringen und glücklich machen. Für die meisten wird dies im Beziehungsbereich sicherlich ein Zusammenspiel aus Passung und Vertrautheit sein, aber auch andere Prioritäten sind möglich und können im Einzelfall ebenfalls zu glücklichen Gesamtkonstellationen führen.
Sexualität
Im meinem ▶aktuellen Video können Sie alles darüber erfahren, wie eine offene Kommunikation ihre sexuelle Zufriedenheit verbessert.
Auch und gerade im Bereich der Sexualität gilt, dass Offenheit für die meisten Menschen die Vertrautheit und die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse fördert. Neben der Quantität (Häufigkeit von Gesprächen) sind es dabei insbesondere die Komponenten der Qualität der Kommunikation (Themenvielfalt und Tiefe) und der Selbstöffnung, die unsere Sexualität auf ein komplett anderes Niveau bringen kann.
In meinem nächsten Video (erscheint in der kommenden Woche) geht es dann um die “sexuelle Passung“:
- Ich werde u.a. aufzeigen, wie enorm komplex der Bereich der sexuellen Orientierung ist, der oftmals (fälschlicherweise) leider auf eine Passung von Geschlechter-Kategorien beschränkt wird. In Wirklichkeit wissen wir recht wenig über unsere sexuelle Orientierung, wenn wir uns beispielsweise einfach nur als heterosexuell, homosexuell oder bisexuell bezeichnen. Das ist aber keine gute Voraussetzung, um einen sexuell kompatiblen Menschen zu finden. Vorstellen werde ich dabei insbesondere auch die bahnbrechenden Arbeiten der Neurowissenschaftlerin Sari M van Anders, die eine ▶ sexuelle Konfigurationstheorie entworfen hat, mit deren Hilfe wir uns selbst, unsere Partner:innen und andere weitaus besser verstehen können.
Bis dahin sind und bleiben wir bei Gleichklang sebstverständlich ihre Ansprechpartnerin für eine effektive Partnersuche und Beziehungssuche. Wir helfen Ihnen, damit Sie Ihr Ziel einer glücklichen Beziehung erreichen:
Kurzzusammenfassung
- Das Ideal der “Liebe als Vertrautheit” ist das führende Liebesideal. In unserer Umfrage erreichte keine von mehr als 80 Storys einen vergleichbaren Zustimmungsgrad. Allerdings gelingt es vielen nicht, ihr Ideal zur Wirklichkeit werden zu lassen. Beziehungen, wo dies nicht gelingt, werden im Durchschnitt unglücklicher und sie gehen auch öfter auseinander.
- Vertrautheit kann erreicht werden durch offene Kommunikation, während Vertrautheit blockiert wird, wenn wir unsere Partner:innen für ihre Ehrlichkeit bestrafen.
- Offenheit führt nicht automatisch zur Vertrautheit, sondern tut dies nur dann, wenn eine Kompatibiltiät besteht. Gleichzeitig kann Kompatibilität aber auch durch Vertrautheit wachsen – beide stehen in einem sich selbst verstärkenden Wechselprozess.
- Wir können lernen, offen miteinander zu sein, indem wir Partner:innen nicht für unerwünschte Mitteilungen bestrafen, sondern unsere Gefühle offen, aber wertschätzend artikulieren und uns für Offenheit wechselseitig durch positive Unternehmungen miteinander belohnen.
- Einzelnen Menschen gelingt es, auch ohne Vertrautheit in Beziehungen glücklich zu werden, indem sie einen bestimmten Kompatibilitäts-Bereich genießen und Bedürfnisse nach Vertrautheit ggf. mit anderen Personen befriedigen.