Welche Beziehungsform macht glücklich?
Ein Psychologen-Team untersuchte in einer Meta-Analyse, ob sich die Beziehungszufriedenheit und die sexuelle Zufriedenheit zwischen monogam und nicht-monogam lebenden Personen unterscheiden.
- Eine Meta-Analyse ist eine Analyse, die auf der Basis aller bereits veröffentlichten Befunde aus vorherigen Studien stattfindet. Diese werden zusammengeführt und erneut statistisch ausgewertet.
Unter nicht-monogam verstanden die Autor:innen verschiedene Formen konsensueller Nicht-Monogamie – darunter polyamore Beziehungen, offene Beziehungen, Swinging und monogamish-Modelle, also Beziehungen mit grundsätzlich monogamer Grundhaltung, aber vereinzelten gemeinsamen sexuellen Aktivitäten mit Dritten.
Insgesamt wurden 35 Studien mit 24 489 Teilnehmenden ausgewertet, die zwischen 2007 und 2024 erschienen waren und Daten zu Beziehungs- oder sexueller Zufriedenheit in Abhängigkeit von der Beziehungsform enthielten.
- Ich stelle im Folgenden die Befunde vor, um sodann zu diskutieren, was dies für Gleichklang als Kennenlern-Plattform, unseren Algorithmus sowie auch unsere Mitglieder bedeutet.
Forschungsgrundlage und Zielsetzung
Ausgangspunkt der Arbeit war die in westlichen Gesellschaften weitverbreitete Annahme, Monogamie führe zu größerem Glück und Stabilität.
Die Autor:innen nennen dies den Monogamie-Überlegenheits-Mythos. Frühere Einzelstudien hatten teils keine, teils widersprüchliche Unterschiede gefunden. Die Forscher:innen formulierten daher keine einseitige Hypothese, sondern wollten empirisch ohne Vorannahmen prüfen, ob sich ein genereller Vorteil der Monogamie statistisch belegen lässt und auch, ob es innerhalb der nicht-monogamen Gruppen Unterschiede gibt.
Zur Prüfung möglicher Einflüsse anderer Faktoren auf das Ergebnis wurden unter anderem auch die sexuelle Orientierung (heterosexuell vs. LGBTQ+) und auch Unterdimensionen der Beziehungszufriedenheit, wie Vertrauen, Bindungsentscheidung, Nähe etc., unabhängig voneinander ausgewertet.
Ergebnisse der Analyse
Im Gesamtergebnis ergaben sich keine signifikanten Unterschiede:
- Die durchschnittliche Beziehungszufriedenheit war bei beiden Gruppen praktisch gleich, ebenso die sexuelle Zufriedenheit. Es war kein konsistenter Trend in Richtung eines Vorteils einer der beiden Beziehungsformen (Monogamie versus alle nicht-monogamen Beziehungsformen) erkennbar.
Während sich die aggregierten Effekte zwischen Monogamie und Nicht-Monogamie insgesamt neutralisierten, wiesen einzelne Formen der Nicht-Monogamie signifikant höhere Werte in den Zufriedenheitsmaßen auf:
- Personen in monogamishen Beziehungen berichteten eine etwas höhere Beziehungszufriedenheit, polyamore Personen und Swinger zeigten etwas höhere sexuelle Zufriedenheit als Personen in rein monogamen Beziehungen. Diese Ergebnisse bedeuten angesichts des fehlenden Gesamteffektes aber nicht, dass Nicht-Monogamie insgesamt überlegen wäre, sondern dass sich womöglich bestimmte Spezialformen der Nicht-Monogamie günstig auswirken können. Allerdings waren die Effekte zwar statistisch signifikant, aber geringgradig.
Vertrauen als Einzelkomponente
Ein weiteres Detail der Befunde betrifft die Unterdimensionen der Beziehungszufriedenheit:
- Hier zeigten sich bei der Bindungsentscheidung, Nähe und Leidenschaft keine Unterschiede, aber in nicht-monogamen Beziehungen wurde insgesamt ein etwas höheres Vertrauen berichtet.
Womöglich liegt dies nach den Überlegungen der Autor:innen auch daran, dass Menschen mit mehreren einvernehmlichen sexuellen Kontakten oder Partnerschaften stärker auf offene Kommunikation, Verlässlichkeit und emotionale Transparenz angewiesen sind – Faktoren, die Vertrauen fördern.
Sexuelle Orientierung und Beziehungsform
Die Analysen nach sexueller Orientierung der Stichproben ergaben keine Unterschiede zwischen heterosexuellen und LGBTQ+-Teilnehmenden. Diese Gleichheit weist darauf hin, dass die Zufriedenheitswerte eher von der Qualität der Beziehung selbst als von kulturell geprägten Identitätsgruppen abhängen.
Bei LGBTQ+-Beziehungen* kommen nicht-monogame Beziehungsformen häufiger vor:
- Die aktuellen Ergebnisse zeigen jedoch, dass heterosexuelle Personen, die sich für nicht-monogame Lebensweisen entscheiden, offenbar ebenso gut darin sein können, stabile und erfüllte Beziehungen zu führen. Nicht-Monogamie ist demnach nicht notwendigerweise an die sexuelle Orientierung gebunden, sondern kann bei allen sexuellen Orientierungen zu stabilen und tragfähigen Beziehungen führen.
Gesellschaftlicher Kontext und Interpretation
Die Befunde müssen im gesellschaftlichen Kontext gelesen werden. Nicht-monogame Lebensweisen sind in den meisten westlichen Ländern noch immer stigmatisiert. Viele Menschen, die so leben, müssen mit Vorurteilen oder offener Diskriminierung rechnen. Das kann den Alltag und auch die Beziehungsqualität belasten.
Umso bemerkenswerter ist, dass die durchschnittliche Zufriedenheit nicht geringer, sondern gleich hoch ist. Die Autor:innen deuten dies so, dass Menschen in nicht-monogamen Beziehungen möglicherweise durch bewusste Kommunikation, Offenheit und gegenseitige Achtsamkeit jene negativen Einflüsse ausgleichen, die aus gesellschaftlicher Ablehnung entstehen.
Die punktuellen Vorteile bei polyamoren, monogamishen und Swinger-Beziehungen könnten sogar darauf hinweisen, dass jenseits des gesellschaftlichen Drucks diese Formen – dort, wo sie gewollt und gut gestaltet sind – das Potenzial haben, positive Effekte auf die sexuelle Zufriedenheit zu entfalten. Diese positiven Effekte könnten sich noch deutlicher zeigen, wenn Diskriminierung abnimmt oder Menschen lernen, sich stärker gegenüber gesellschaftlichen Vorurteilen abzugrenzen.
Diskussion und Schlussfolgerungen
In der Diskussion betonen die Autor:innen, dass die Befunde den verbreiteten Glauben an eine Überlegenheit der Monogamie empirisch widerlegen. Nicht-monogame Personen zeigen im Durchschnitt dasselbe Niveau an Beziehungs- und sexueller Zufriedenheit wie monogame Beziehungen, obwohl sie gesellschaftlich oft stigmatisiert werden.
Die Autor:innen vermuten, dass positive Faktoren wie erweiterte Kommunikationsmuster, größere Autonomie und individuelle Bedürfnisvielfalt mögliche Schutzmechanismen darstellen, die Diskriminierung kompensieren können. So ergeben sich letztlich sogar Hinweise auf die partielle Überlegenheit von monogamen Beziehungen (Beziehungszufriedenheit), polyamoren und Swinger-Beziehungen (sexuelle Zufriedenheit). Ferner ergeben sich ebenfalls Hinweise darauf, dass nicht-monogame Beziehungen eher mit erhöhtem Vertrauen einhergehen.
Bedeutung für Gleichklang
Für Gleichklang ergeben sich aus diesen wissenschaftlichen Befunden unmittelbare und weitreichende Schlussfolgerungen. Denn die Ergebnisse dieser Meta-Analyse stützen den Grundansatz, von dem Gleichklang seit jeher ausgeht:
- Unterschiedliche Formen romantischer und sexueller Beziehungen können gleichermaßen zu erfüllten, stabilen und glücklichen Partnerschaften führen – vorausgesetzt, die beteiligten Personen teilen ein gemeinsames Grundmodell, das sie bewusst gestalten und gemeinsam weiterentwickeln.
Dass wissenschaftlich nun nachgewiesen ist, dass zwischen monogamen und nicht-monogamen Konstellationen im Durchschnitt keine Unterschiede in der Beziehungszufriedenheit oder sexuellen Zufriedenheit bestehen, liefert eine starke Bestätigung für diesen Ansatz.
Für die Partnervermittlung bedeutet dies, dass es nicht darum gehen sollte, ein normatives Einheitsmodell von Beziehung zu fördern, wie es viele traditionelle Vermittlungsplattformen tun. Stattdessen sollten Mitglieder dabei unterstützt werden, das für sie passende Beziehungsmodell zu erkennen, zu suchen und zu leben – also ein Modell, mit dem sie glücklich werden können.
Gleichklang versteht sich als Plattform, die die verschiedenen Beziehungsmodelle ernst nimmt und aktiv in die Vermittlung integriert:
- Mitglieder können bei Gleichklang unabhängig voneinander sowohl nach monogamen als auch nach nicht-monogamen Beziehungen suchen. Unsere Annahme lautet, dass Menschen – je nach Persönlichkeit, bisherigen Beziehungserfahrungen, Grundhaltungen und Offenheit – in unterschiedlichen Beziehungsformen zu vergleichbarer Zufriedenheit gelangen können.
Monogamie und Nicht-Monogamie sind daher keine sich ausschließenden Alternativen, sondern verschiedene Wege, die jeweils zu erfüllten Beziehungen führen können:
- Ob jemand offen für verschiedene Beziehungsformen bleibt oder sich bewusst auf ein Modell festlegt, führt zu unterschiedlichen Vermittlungsergebnissen, die die Tragfähigkeit der resultierenden Beziehungen stützen sollen.
Die Beziehungsmodelle, die Gleichklang unterstützt, orientieren sich an denselben Beziehungsformen, die auch in der Forschung identifiziert und untersucht wurden, also an monogamen Beziehungen, polyamoren Beziehungen, offenen Beziehungen und Swinger-Beziehungen.
Insofern kann gesagt werden, dass Gleichklang in seiner Konzeption und Ausrichtung auf dem Stand des modernen Forschungsstandes liegt.
Ermutigung zur Selbstreflexion
Für unsere Mitglieder können die Ergebnisse dieser Meta-Analyse eine Ermutigung sein, über die eigenen Beziehungswünsche und -möglichkeiten nachzudenken:
- Die gesellschaftlich dominierende Mononormativität führt dazu, dass viele Menschen glauben, nur eine einzige Beziehungsform sei „richtig“ und alles andere keine „echte“ Beziehung.
In unseren Umfragen zeigt sich jedoch immer wieder – und auch im Coaching ist dies ein häufiges Thema –, dass manche Menschen, für die Monogamie offensichtlich nicht der passende Lebensentwurf ist, sich dennoch erneut auf monogame Partnersuchen einlassen:
- Oft scheitern diese Beziehungen später aus denselben Gründen, die bereits zuvor unüberwindbar waren.
Wenn hier von „nicht geeignet für Monogamie“ gesprochen wird, bedeutet dies nicht einen Mangel oder Defekt, sondern schlicht, dass diese Personen innerhalb einer streng monogamen Struktur auf Dauer nicht glücklich werden können. Sie verlieren nach einiger Zeit das sexuelle Interesse, sehnen sich nach neuen Begegnungen oder nach zusätzlichen romantischen Erfahrungen und suchen Erfüllung außerhalb der Beziehung.
Umgekehrt können Menschen auch für Nicht-Monogamie ungeeignet sein, etwa wenn sie in einer offenen Struktur von Angst, Eifersucht oder Kontrollverlust so stark betroffen sind, dass dies die Beziehung dauerhaft belastet.
Viele Menschen liegen zwischen diesen Polen:
- Sie können in verschiedenen Modellen erfüllte Beziehungen erleben, wenn sie sich der jeweiligen Dynamik bewusst sind und diese gemeinsam gestalten. In solchen Fällen empfiehlt sich eine Offenheit für mehrere Optionen, um herauszufinden, welches Beziehungsmodell individuell am besten funktioniert.
Angebote von Gleichklang
Zur Unterstützung dieser Reflexion bietet Gleichklang zwei psychologische Tests an, die allen Mitgliedern und Interessierten eine empirisch fundierte Möglichkeit zur Selbstklärung geben:
- Der Sexualitäts-Erlebenstest erfasst, inwieweit die eigene Sexualität in der Tiefenstruktur eher monogam, teilweise monogam oder nicht-monogam angelegt ist.
- Der Test über die neun Orientierungen der Liebe erweitert diese Perspektive, indem er neben der sexuellen auch die romantische Ebene und verschiedene Grundhaltungen zur Liebe (etwa als Fürsorgegemeinschaft, als Freiheit, als Leidenschaft, als Nutzen oder als gegenseitiges Engagement) berücksichtigt.
Weiterhin stehen unseren Mitgliedern die Gleichklang-Videos zur Sexualität zur Verfügung, die auf modernen Theorien der Sexualwissenschaft basieren – etwa der sexuellen Konfigurationstheorie von Sari van Anders. Diese Videos vermitteln ein vertieftes Wissen über die Vielfalt sexueller und romantischer Strukturen und ermöglichen dadurch Selbsterkenntnis und die Optimierung der eigenen Suchausrichtung für erfüllende Partnerschaften:
- Sexualpraktiken und sexuelle Anziehung aus psychologischer Sicht
- Sex und Liebe: Wie hängen sie zusammen?
- Geschlecht, Gender und sexuelle Orientierung aus psychologischer Sicht.
- Psychologie der Monogamie und Polygamie
- Psychologische Tipps zur sexuellen Kompatibilität
Resümee
Der moderne wissenschaftliche Forschungsstand zeigt eindeutig, dass monogame und nicht-monogame Beziehungsmodelle unterschiedliche Wege, aber gleichwertige Möglichkeiten darstellen, um zu emotionaler und sexueller Zufriedenheit zu gelangen. Es gibt sogar erste Hinweise, dass bestimmte Formen der Nicht-Monogamie – insbesondere monogamish, polyamore und Swinger-Beziehungen – für manche Menschen sogar besonders förderlich sein können.
Deshalb lohnt es sich, über verschiedene Modelle nachzudenken und diejenige Form zu wählen, für sie offen oder eben nicht offen zu sein, die am besten zur eigenen Persönlichkeit und Lebenssituation passt.
Wer diesen Weg gemeinsam mit Gleichklang gehen möchte, ist eingeladen, sich auf die Suche nach einer Beziehung zu machen, die dem eigenen Beziehungsverständnis wirklich entspricht:
▶ Zur Beziehungssuche bei Gleichklang
Weitere Links:
Informationen zum Coaching:
Einzeltermine für ein Coaching können Sie jederzeit über meine Website vereinbaren. Wie überall gilt auch für das Coaching unser Grundsatz, dass bei Gleichklang niemand an finanziellen Engpässen scheitern soll. Das Coaching-Honorar kann daher ohne Probleme auch in niedrigen Monatsraten beglichen werden.


3 Kommentare
Woher kommt deiner Meinung nach die Ablehnung gegen über nicht monogamen Beziehungen?
Ich glaube, dass es historisch und biologisch bedingt ist.
Ohne Monogamie konnte sich kein Mann sicher sein, ob er die eigenen Gene unterstützt.
Frauen brauchten die Sicherheit der wirtschaftlichen Versorgung, während Schwangerschaft, Geburt und Kinderpflegezeit.
Es ging und geht um Macht.
Heute ist es anders und bietet allen mehr Freiheit.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen dass es bei nicht-monogamen Beziehungen nicht irgendwann zu einer Schieflage kommt. Ist nicht meist einer aktiver als der andere? Oder hat einfach mehr Möglichkeiten? Und es soll einem nichts ausmachen wenn man allein zu Hause sitzt mit dem Wissen dass der andere sich grade vergnügt?
Ich möchte niemanden anfeinden. Sind nur meine Gedanken bei dem Thema.