Neue Studie untersucht Motive für die Partnersuche
Oft wird unterstellt, dass nahezu alle eine Partnerschaft bzw. Beziehung suchen. Umso entfremdeter fühlen sich manchmal Menschen, die Single sind. Neuere Studien zeigen allerdings, dass wir keineswegs von einem quasi natürlichen Motiv für die Partnersuche ausgehen müssen. Eine Reihe von Singles macht vielmehr deutlich, dass sie sich keine Beziehung wünschen und mit ihrem Single-Dasein zufrieden sind.
Was aber sind die Motive derjenigen Singles, die sich eine Beziehung wünschen?
Eine soeben veröffentlichte Studie „Why Do You Want a Romantic Relationship? Individual Differences in Motives for Romantic Relationship Pursuit“ von MacDonald, Thapar, Ryan, Chung, Hoan und Park untersucht die unterschiedlichen Beweggründe für das Streben nach einer romantischen Beziehung aus Sichtweise möglicher Motive, die sich durch ihren Grad an Motivation, externer Kontrolle und Druck sowie intrinsischem, autonomem Streben unterscheiden.
Die Autor:innen entwickelten dazu ein neues Messinstrument – die Autonomous Motivation for Romantic Pursuit Scale (AMRPS) – und validierten dieses in zwei groß angelegten Studien.
Ausgangspunkt sind die folgenden sechs Motivationstypen:
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Amotivation – völliges Fehlen von Motivation oder Relevanzbezug („Ich will in keiner Beziehung sein“).
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Externe Regulation – Motivation durch äußere Erwartungen und Belohnungen („Meine Freunde wollen, dass ich in einer Beziehung bin“).
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Introjizierte Regulation:
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Negative introjizierte – aus Schuld, Scham, Versagensangst, Einsamkeit.
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Positive introjizierte – um sich selbst zu beweisen, stolz zu sein.
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Auch diese Form der Motivation weist eine Druckkomponente auf, die allerdings nicht mehr völlig an den Erwartungen externer Personen orientiert ist, sich aber letztlich im inneren Erleben an eben diesen Erwartungen orientiert. Insofern weist auch die introjizierte Regulation weiterhin eine deutliche externe Komponente der Motivation auf.
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Identifizierte Regulation – Einsicht in den persönlichen Wert einer Beziehung („Ich finde es persönlich wichtig, in einer Beziehung zu sein“). Bei dieser Form der Motivation überwiegt der autonome Bezug. Eine Beziehung wird als für die eigene Person wichtig und erstrebenswert erlebt.
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Intrinsische Motivation – reines Interesse und Freude an der Beziehung an sich („Es macht mir Spaß, in einer Beziehung zu sein“). Bei der intrinsischen Motivation in der reinen Form wird die Beziehung allein um ihrer selbst willen angestrebt, weil also das Beziehungserleben an sich als Quelle von Freude und Glück angesehen wird.
Beziehungsbereitschaften, Persönlichkeit und Motive
In einer ersten Studie mit 1280 Teilnehmenden untersuchten die Autor:innen, wie sich diese verschiedenen Motivationsformen mit anderen Persönlichkeitsmerkmalen und Beziehungsvariablen zusammenhängen.
Dies sind die zentralen Ergebnisse:
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Intrinsische und identifizierte Motivation korrelierten positiv mit Beziehungsbereitschaft, Bindungswunsch und Annäherungszielen.
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Introjektion und externe Motivation standen im Zusammenhang mit Bindungsangst, Furcht vor dem Alleinsein und geringerer Selbstsicherheit.
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Amotivation korrelierte negativ mit fast allen beziehungsbezogenen Interessen (z. B. Beziehungswunsch, -bereitschaft).
Die Motivationstypen wiesen interessanterweise keinen Zusammenhang zu rein sexuellen Interessen auf. Diese Motive beziehen sich also spezifisch auf romantische und nicht auf sexuelle Wünsche.
Da auch Menschen, die für eine Beziehung nicht motiviert sind, sexuelle Wünsche haben können und meistens haben, wird somit gleichzeitig ein weiterer, indirekter motivischer Weg zu einer Beziehung deutlich:
- Obwohl eigentlich kein Beziehungswunsch besteht, können dennoch sexuelle Kontakte romantische Wünsche und eine Beziehungsbereitschaft später aktivieren. Zwar verbleiben viele als unverbindlich angestrebte sexuelle Kontakte tatsächlich unverbindlich, manchmal entwickelt sich jedoch aus unverbindlicher Haltung eine romantische Dynamik.
Wie wirken sich die Motive auf die Beziehungsfindung aus?
Hängt die Wahrscheinlichkeit, mit der wir als Singles eine Beziehung finden, damit zusammen, wie sich unser Beziehungsmotiv gestaltet?
Die Autor:innen gingen genau dieser Frage mit 1280 Personen nach, deren Motive sie erfassten und die sie über einen Zeitraum von 6 Monaten beobachteten. Dies sind die zentralen Ergebnisse:
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Intrinsische und identifizierte Motivation erhöhten die Wahrscheinlichkeit signifikant, innerhalb von sechs Monaten eine Beziehung einzugehen.
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Negative introjizierte Motivation reduzierte die Wahrscheinlichkeit für eine Beziehung signifikant, während positive introjizierte Motivation keinen Einfluss ausübte.
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Amotivation reduziert zunächst die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen einer Beziehung. Eine genauere Analyse zeigte aber, dass diejenigen, die keine Beziehung suchen, vorwiegend dann keine Beziehung finden, wenn sie wenig sozial und sexuell aktiv sind. Sind die Betreffenden demgegenüber gut sozial vernetzt oder in hohem Ausmaß sexuell aktiv, scheinen sich selbst bei initial fehlender Beziehungsmotivation Gelegenheiten ergeben zu können, die zu einer Aktivierung von Beziehungswünschen und einer tatsächlichenBeziehungsentstehung führen können.
Druck schadet bei der Beziehungsfindung
Die Befunde machen hauptsächlich eines klar:
- Erlebter Druck bei der Beziehungssuche, ob direkt ausgehend vom sozialen Umfeld oder internalisierter Druck in dem Sinne, dass wir uns für unser Single-Dasein schämen oder uns vor Einsamkeit fürchten, wirkt sich typischerweise ungünstig auf unsere Beziehungsfindung aus.
- Demgegenüber führen sowohl ein reflektierter Beziehungswunsch („Mir ist eine Beziehung wichtig“) als auch eine als natürlicher Flow erlebte intrinsische Motivation („Beziehung an sich macht Freude“) zu erhöhten Chancen, den Wunsch nach Beziehung tatsächlich umzusetzen.
- Das reine Fehlen einer Motivation für eine Beziehung wirkt sich demgegenüber im Vergleich zu externem oder selbstgemachtem Druck sogar eher günstig aus.
Wie lassen sich diese Befunde erklären?
Anzunehmen ist, dass mit Druck verbundene Partnersuche mit vielen Stressoren einhergeht, die letztlich der Offenheit, Initiative und Resonanzentstehung entgegenwirken, die für das Entstehen von Nähe, Vertrautheit und Zuneigung wichtig sind.
Demgegenüber ermöglicht uns eine tatsächlich interne Motivation, die nicht durch Druck getrieben wird, in einen natürlichen und entspannten Flow zu geraten, der unsere emotionale Offenheit, die erlebte Resonanz und die Bindungsbereitschaft verbessert.
Möchten wir derzeit keine Beziehung, bedeutet dies allerdings nicht, dass wir nicht doch eine Beziehung eingehen werden:
- Eine fehlende Beziehungsmotivation kann uns einerseits darin bestärken, Single zu bleiben.
- Sind wir aber in soziale oder auch sexuelle Kontakte eingebettet, können sich hieraus Veränderungen unserer Motivation ergeben, sodass der Beziehungswunsch im Verlauf entsteht und sodann auch umgesetzt werden kann.
Resümee
Die Studie macht aus meiner Sicht primär eines deutlich:
- Schützen wir uns vor jeder Form von Druck bei der Partnerfindung. Wir müssen lernen, uns frei zu machen von den Erwartungen von Freunden, Familie und Gesellschaft – und zwar nicht nur von den explizit an uns herangetretenen Erwartungen („Willst du dir nicht langsam eine Beziehung suchen?“), sondern ebenso von dem internalisierten Druck.
Solcher Druck entsteht dadurch, dass wir die Erwartungen der Gesellschaft in uns hineintragen. So mögen wir erwarten, dass wir dauerhaft einsam sein werden ohne Beziehung und daher unsere Beziehungssuche zum Abbau der Angst vor Einsamkeit antreten. Oder wir mögen glauben, Menschen, die keine Beziehung haben, seien komisch oder unvollständig, sodass wir beginnen, uns zu schämen. Partnersuche dient in diesem Fall der Schamreduktion.
All diese negativen Druckmotive sind aber keine förderlichen Motive und behindern letztlich – wie die aktuellen Studienbefunde zeigen – unsere Partnerfindung.
Der Rat lautet daher, nur dann die Partnersuche wirklich anzugehen, wenn wir merken, dass wir eine Beziehung aus uns heraus wollen. Stellen wir uns vor, dass niemand auf uns Druck ausübt und für uns das Singledasein mit keinerlei Ängsten verbunden ist. Spüren auch jetzt noch den Wunsch nach Beziehung? Nur ein klares „Ja“ ist ein triftiger Grund für eine Partnersuche.
Spüren wir demgegenüber eigentlich nur Druck, ist es ratsamer, den Mut für das Single-Leben zu erwerben und im Alltag zu üben, auf unsere echten intrinsischen und selbst gewollten Wünsche zu achten sowie diese zum Ausdruck zu bringen.
Kein Grund zur Sorge ist auch, wenn wir keinen Wunsch nach einer Beziehung wahrnehmen. In diesem Fall brauchen wir nicht in eine aktive Partnersuche einzutreten. Wir pflegen unsere sozialen Kontakte und einen sinnerfüllten Alltag und lassen uns einfach nur überraschen, ob wir eines Tages in Beziehung sein oder weiterhin Single sein werden.
Gelegentlich wird mir in Gesprächen mit Coaching-Klient:innen bewusst, in welchem Ausmaß das Single-Dasein als schamhaft erlebt werden kann und wie sehr sich daraus Belastungen im sozialen Alltag ergeben können.
Anstatt hauptsächlich dazu zu raten, nunmehr die Partnersuche zu forcieren, ist der bessere Weg, in sich zu gehen und nach internalen und nicht durch Druck definierten Motiven für eine Beziehung zu suchen.
Nehmen wir sie bei uns wahr, gilt es, auf diese unsere volle Aufmerksamkeit zu richten und uns so positiv und im Flow auf Beziehungssuche zu begeben.
Stellen wir aber fest, dass in Wirklichkeit der Druck überwiegt, sollte nicht die Partnersuche, sondern der Aufbau einer sinnvollen Alltagsgestaltung als Single unsere Priorität sein.
Interessanterweise stelle ich noch etwas fest:
- Je stärker extrinsische Motive und Druckmotive die Partnersuche dominieren, desto mehr stellen die Betroffenen Barrieren ihrer Partnerfindung entgegen. Dies kann reichen von engen Kriterienlisten, generalisierter Ablehnungshaltung bis zum Ausschluss jeder regionalen Flexibilität.
In so manchen Fällen sind diese inflexiblen Haltungen und Herangehensweisen nicht Ausdruck einer echten Inflexibilität, sie sind ein Selbstschutz, mit dem sich die Betreffenden vor einer möglichen Partnerfindung schützen wollen. Auch dies mag erklären, warum externe Motive mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für eine Partnerfindung in der in diesem Artikel vorgestellten Studie einhergingen.
Im Einklang handeln
Wir sind in der glücklichen Situation, dass es längst keine durchsetzbaren Vorschriften mehr gibt, wie wir unser Leben zu leben haben.
Wir dürfen uns also erlauben, zu uns selbst zu stehen, und dann, aber auch nur dann, in die Partnersuche zu starten, wenn wir spüren, dass unser Beziehungswunsch authentisch ist.
Auf diesem Wege begleiten wir Sie bei Gleichklang gerne:
▶ Zur Beziehungssuche bei Gleichklang
Weitere Links:
Informationen zum Coaching:
Einzeltermine für ein Coaching können Sie jederzeit über meine Website vereinbaren. Wie überall gilt auch für das Coaching unser Grundsatz, dass bei Gleichklang niemand an finanziellen Engpässen scheitern soll. Das Coaching-Honorar kann daher ohne Probleme auch in niedrigen Monatsraten beglichen werden.


8 Kommentare
Gewahr sein in Gegenwart von Menschen
Finden was ich nicht suche
Gewahrsein ist essenziell. Viele sind gerade beim Dating nicht gewahr, weil sie sich im Scrollen oder in festen Erwartungen verlieren. So entgeht ihnen womöglich die eine Person, mit der alles anders wäre.
Auch das „Finden, was ich nicht suche“ kann das gezielte Suchen nach einem passenden Menschen sinnvoll ergänzen. Ich verstehe es so, dass wir nicht mit detaillierten Listen und der Orientierung an exakten Erwartungen und Vorstellungen operieren sollten. Wir brauchen eine grundlegende innere Ausrichtung – aber ebenso die Offenheit, Neues zu entdecken.
Vielen Dank! Dieser Artikel fasst in Worte, was gefühlsmäßig schon sehr lang vorhanden war. Er ist sehr hilfreich bei der Überwindung meiner Scham als Single und beim Finden neuer Wege.
Vielen herzlichen Dank!
Unbedingt sollten Sie daran arbeiten, die Scham über das Single-Dasein zu überwinden. Es ist völlig unnötig und es gibt nichts, wofür wir uns schämen müssten. Scham ist ja immer nach außen gerichtet – also auf das, was andere denken. Lassen wir sie doch denken. Ein Gedanke ist kein Knüppel, der uns wehtut. Weh tut er uns nur, wenn wir ihn für uns annehmen.
Ja, dem Dank schließe ich mich gern an. Im Resümee des Artikels kommt das zum Ausdruck, was auch meiner Haltung entspricht.
Ich sehe Gleichklang als Plattform, die mir die Gelegenheit bietet, neue Bekanntschaften zu schließen und es einfach auf mich zukommen zu lassen, ganz gelassen und ohne Druck. Und ohne mich dabei aus irgendwelchen Zwängen heraus irgendwie verstellen zu müssen. Wenn es nicht klappt, bleibe ich halt noch weiter alleinstehend. Und irgendwann klappt es dann vielleicht doch. Diesbezüglich finde ich Herrn Gebauers oft geäußerten Satz, dass es nur einmal passen muss, sehr aufbauend.
Die Scham als Single habe ich zum Glück schon länger abgelegt. Anstatt „Single“ verwende übrigens lieber das Wort „alleinstehend“. Das klingt ein wenig selbstbewusster, denn es bedeutet, dass man auch allein stehen kann. 😉
Auch von mir vielen herzlichen Dank!
Schön, dass der Artikel als hilfreich erlebt wird. Die Worte, dass es nur einmal klappen muss, sind auch deshalb so aufbauend, weil sie exakt die Wirklichkeit beschreiben – und genau das hören wir von vielen Mitgliedern, bei denen es manchmal erst nach vielen Jahren geklappt hat, aber genau so zu einer glücklichen Beziehung geführt hat.
Gleichzeitig ist es wirklich wichtig, das Single-Dasein nicht zu katastrophisieren und sich sinnvoll im Leben einzurichten. Dafür brauchen wir uns in keiner Weise zu schämen, sondern können stolz darauf sein.
Spiegelt vieles wider, das ich an anderen und mir erfahren habe.
Ich wäre gerne in der Lage, aus einer Position der Souveränität, der Freude und des Nicht-Drucks passende Menschen zu finden – sehe aber nicht wie ich an diesen Punkt gelangen soll wenn Freunde, regelmäßige Aktivitäten, soziales Engagement und sonstige Kontakte einfach kein ausreichendes Gefühl von Halt und Zugehörigkeit aufkommen lassen. Als wäre der Schlüssel zum nicht-einsam-Fühlen schon ein nicht-einsam-Sein geschafft zu haben, jedenfalls fühlen sich viele Ratschläge so paradox an. Die Nähe und Regelmäßigkeit, die ich brauche, war bisher noch für jeden für eine „Freundschaft“ zu viel, oder nicht mit unseren Leben kompatibel. Auch die förderliche Wirkung von sexuellen Kontakten entfällt als asexueller Mensch.
Tatsächlich wünsche ich mir vielmehr eine Gemeinschaft aus mehreren Menschen, eine Art Wahlfamilie, anstatt einzelner Partner*innen – welche ich ohnehin noch nie hatte. Das gestaltet sich nur bislang so schwer, erfordert so viel Vertrauensaufbau und hat noch weniger etablierte Wege als „Dating“, dass ich mich nicht auf diesen Wunschtraum versteifen möchte, und trotzdem auf einen Partner oder Partnerin hoffe, die irgendwie Teil dieses Weges sind. Wie ich dabei keinen Druck verspüren soll, bis ich mich endlich zuhause fühle, bleibt mir auch nach diesem Artikel ein Rätsel.
Du schilderst den Wunsch nach einer polyamoren Beziehung im Sinne einer Mehrpersonenbeziehung, oder aber den Wunsch nach einer Gemeinschaft, die sich nicht unbedingt auf Partnerschaft beziehen muss. Beides sind mögliche Lebensbedingungen und beide Möglichkeiten können übrigens auch bei Gleichklang gesucht und gefunden werden.